1.
Die Allmenden der deutschen Landwirtschaft ragen wie ihre
Entsprechungen in den europäischen Nachbarländern als Über-
bleibsel älterer, kollektivistischer Wirtschafts- und Gesellschafts-
ordnungen in die individualistische Neuzeit hinein. Deshalb haben
sie im letzten Jahrhundert zwar viel Mißbilligung durch den herr-
schenden Liberalismus, aber auch begeistertes Lob von westeuropä-
ischen Sozialisten wie Emile de Laveleye und deutschen Katheder-
sozialisten wie Karl Bücher erfahren. Damals ging der Streit
vorzugsweise um die geschichtliche Frage, ob gemeinschaftliche
Nutzungen am Boden Zeugnisse für ein ursprüngliches „Ureigen-
tum“ an diesem oder aber spätere Schöpfungen womöglich indi-
vidueller Herrschaftsgewalten (z. B. der Grundherrschaft) seien.
Heute steht nicht diese geschichtliche, sondern die wirtschafts-
politische Frage im Vordergrund, ob in der Neuordnung unserer
Landwirtschaft und des von ihr bewirtschafteten Raumes die gegen-
wärtigen rechtlichen und wirtschaftlichen Formen der Allmend-
nutzung noch vertretbar oder vielmehr einer gründlichen Reform
bedürftig erscheinen. Bei ihrer Entscheidung wird sich derNational-
sozialismus von eigennützigen Interessenteneinflüssen, aber ebenso
auch von ideologischer Überschätzung angeblich sozialistischer
Konstruktionen zuungunsten vermeintlich individualistischer Lö-
sungen fernzuhalten haben. Von vornherein ist wahrscheinlich,
daß auch auf diesem Gebiete wie auf so vielen anderen die neue
Erkenntnis des Vorrangs von Staat und Volksgemeinschaft über
die Wirtschaft an die Stelle von zwei bisher einander bekämpfen-
den Meinungen, hier etwa der ausschließlichen Beibehaltung oder
ausschließlichen Aufteilung der Allmendnutzungen, eine dritte
beiden überlegene wird setzen müssen.
Der gemeindeutsche, von der friesischen Seeküste bis in die
Schweiz reichende Sprachgebrauch1 bezeichnet seit dem Mittel-
alter mit Allmende den Inbegriff und die Einzelrechte gemein-
schaftlicher Bodennutzung, die ihr unterliegende Fläche und end-
lich das gemeindliche oder genossenschaftliche Eigentum daran.
1 C. Brinkmann, Art. Allmende im Deutschen Rechtswörterbuch (hrsg
von der Preuß. Akademie der Wissenschaften) 1 (Berlin 1914—1932), 483f.
Die Allmenden der deutschen Landwirtschaft ragen wie ihre
Entsprechungen in den europäischen Nachbarländern als Über-
bleibsel älterer, kollektivistischer Wirtschafts- und Gesellschafts-
ordnungen in die individualistische Neuzeit hinein. Deshalb haben
sie im letzten Jahrhundert zwar viel Mißbilligung durch den herr-
schenden Liberalismus, aber auch begeistertes Lob von westeuropä-
ischen Sozialisten wie Emile de Laveleye und deutschen Katheder-
sozialisten wie Karl Bücher erfahren. Damals ging der Streit
vorzugsweise um die geschichtliche Frage, ob gemeinschaftliche
Nutzungen am Boden Zeugnisse für ein ursprüngliches „Ureigen-
tum“ an diesem oder aber spätere Schöpfungen womöglich indi-
vidueller Herrschaftsgewalten (z. B. der Grundherrschaft) seien.
Heute steht nicht diese geschichtliche, sondern die wirtschafts-
politische Frage im Vordergrund, ob in der Neuordnung unserer
Landwirtschaft und des von ihr bewirtschafteten Raumes die gegen-
wärtigen rechtlichen und wirtschaftlichen Formen der Allmend-
nutzung noch vertretbar oder vielmehr einer gründlichen Reform
bedürftig erscheinen. Bei ihrer Entscheidung wird sich derNational-
sozialismus von eigennützigen Interessenteneinflüssen, aber ebenso
auch von ideologischer Überschätzung angeblich sozialistischer
Konstruktionen zuungunsten vermeintlich individualistischer Lö-
sungen fernzuhalten haben. Von vornherein ist wahrscheinlich,
daß auch auf diesem Gebiete wie auf so vielen anderen die neue
Erkenntnis des Vorrangs von Staat und Volksgemeinschaft über
die Wirtschaft an die Stelle von zwei bisher einander bekämpfen-
den Meinungen, hier etwa der ausschließlichen Beibehaltung oder
ausschließlichen Aufteilung der Allmendnutzungen, eine dritte
beiden überlegene wird setzen müssen.
Der gemeindeutsche, von der friesischen Seeküste bis in die
Schweiz reichende Sprachgebrauch1 bezeichnet seit dem Mittel-
alter mit Allmende den Inbegriff und die Einzelrechte gemein-
schaftlicher Bodennutzung, die ihr unterliegende Fläche und end-
lich das gemeindliche oder genossenschaftliche Eigentum daran.
1 C. Brinkmann, Art. Allmende im Deutschen Rechtswörterbuch (hrsg
von der Preuß. Akademie der Wissenschaften) 1 (Berlin 1914—1932), 483f.