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Dragendorff, Hans; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1935/36, 2. Abhandlung): Arretina — Heidelberg, 1935

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https://doi.org/10.11588/diglit.41985#0011
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Arretina.

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genommen zeigt. Vergleicht man jedoch die Gewandfalten, so findet
man Zug für Zug auf beiden Repliken wieder.
Die unscheinbare kleine Scherbe würde an sich die Veröffent-
lichung kaum lohnen, wenn sie nicht Anlaß gäbe, eine kunst-
geschichtliche Frage erneut aufzuwerfen, in der, wie ich glaube,
seit Jahrzehnten eine unrichtige Anwort zu irreleitenden Vor-
stellungen führt, und in der wir uns entschließen müssen, die Folge-
rungen aus dem richtigen Empfinden, dem schon dieser und jener
Forscher Ausdruck gegeben hat, mit aller Entschiedenheit zu
ziehen.
Die Darstellung gehört wieder zu den zahlreichen Typen, wel-
che die arretinischen Relieftöpfer mit dem sogenannten neuatti-
schen Kunstkreise gemeinsam haben, dem auch die Kleomenesara
angehört. Sie kopiert oder besser gesagt, benutzt ein attisches Werk
älterer Zeit, in diesem Falle der nachparthenonischen Zeit des 5.
Jahrhunderts. Den Gewandstil des Vorbildes wahrt auch noch die
kleine arretinische Nachbildung recht gut, die sogar in Einzelheiten,
wie den breiten flachen Falten am Ende des Überschlages des Pep-
los, dem Motiv des Herabgleitens des Gewandes von der Schulter,
dem eigenartig zurückschwingenden Kontur des über den Kopf ge-
zogenen Mantels, auffällig mit der dem gleichen Vorbilde folgenden
Kleomenesara übereingeht.
Seit Amelungs Ausführungen1 hat man ziemlich allgemein
angenommen, daß hinter dem Relief der Ara und somit auch der
arretinischen Gefäße das berühmte Iphigenienbild des Timanthes
stehe, also ein Gemälde aus dem Ende des 5. Jahrhunderts2. Von
dem gleichen Vorbilde wie die Ara hängt, um ganz entfernte Nach-
klänge beiseite zu lassen, auch ein fast ein Jahrtausend nach der
Ara und den arretinischen Gefäßen entstandenes Kunstwerk ab,
das Relief eines Elfenbeinkästchens, das Robert von Schneider
veröffentlicht und dem 10. oder 11. Jahrhundert zugewiesen hat3.
Wie sah das Urbild aus, das diese über fast anderthalb Jahrtausende
reichende Wirkung hatte und welcher Art war es ? War es wirklich
das Gemälde des Timanthes ? Mir ist das immer zweifelhaft gewesen,
1 Florentiner Führer, S. 55 f. RM., 1905, 306ff.
2 So auch Pfuhl, Malerei und Zeichnung, II, 696ff. Die literarischen
Zeugnisse für das Bild bei Overbeck, SQ. 1734ff. Eine leider nicht sehr gute,
photographische Aufnahme des Altars hat neuerdings Buschor (F. R. 111,166)
von Tosi (Studi e Materiali IV) übernommen.
3 Serta Harteliana, 279ff.
 
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