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Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1935/36, 4. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 1: Kreta — Heidelberg, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.41987#0003
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Der Titel der vorliegenden Schrift bedarf einer kurzen Erläu-
terung. Es sind keine neuen Denkmäler, denen unsere Untersu-
chung gilt; sie sind seit Jahren, zum Teil seit vielen Jahrzehnten
bereits bekannt, in durchaus zureichenden Abbildungen veröffent-
licht, schon mehrfach in die wissenschaftliche Diskussion gezogen
und — wenigstens trifft das für die italischen Monumente zu, von
denen im zweiten Teil der Arbeit die Rede sein wird — gerade in
jüngster Zeit wieder der Aufmerksamkeit auch weiterer Kreise
nahegebracht worden. Neu ist die Deutung, die hier vorgetragen
werden soll. In allen Fällen wird sie auf dem Boden der griechi-
schen Mythologie gesucht. Was die Erkenntnis ihres wahren Cha-
rakters bisher verhindert hat, ist die Tatsache, daß den in Frage
stehenden bildlichen Darstellungen irgendein für die Erklärung
wichtiges Glied des Ganzen fehlt, und nur auf Umwegen ist das Ver-
lorene wiederzugewinnen. Dabei sind die Gründe für den fragmen-
tarischen Zustand, in dem uns diese frühen Sagenillustrationen
überliefert sind, ganz verschiedener Natur. Das einemal ist es ein
Ausschnitt bloß aus einer umfangreicheren Komposition, an sich
unverändert und nach seiner formalen Erscheinung nicht entstellt;
dem antiken Beschauer vielleicht auch als Teilbild wohlverständ-
lich, vom Künstler jedenfalls in der inhaltlichen Bedeutung voll
erfaßt. Im zweiten Fall jedoch sehen wir in der Tat lediglich dis-
iecta membra eines ursprünglich sinnvollen Zusammenhanges vor
uns, seltsam verkannt und verzerrt, bis zur .Sinnlosigkeit der we-
sentlichen Merkmale entkleidet. Hier hat eine barbarische Nach-
ahmung, der alle Voraussetzungen für das Verständnis des griechi-
schen Vorbildes abgehen, die Sache in einer Weise durcheinander
gebracht, daß nur mühsames Entziffern und geduldiges Raten den
zertrümmerten Text wiederherzustellen vermögen. Die Schwierig-
keit der Aufgabe dürfte den streckenweise umständlichen Gang der
Beweisführung, die Ausführlichkeit und den gelehrten Apparat,
mit dem die Darlegungen beschwert erscheinen, wohl rechtfertigen.
Sind es doch methodische Fragen grundsätzlicher Art, auf die hier
Antwort gegeben werden soll.
Zunächst gilt es zu prüfen, wieso und unter welchen Bedingun-
gen die antike Kunst überhaupt darauf verfallen sein mochte, ein
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