Neue Darstellungen griechischer Sagen: I. Kreta.
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gen Feldern zu Seiten des Mittelbildes hat man richtig als die
wächsernen imagines erklärt; sie sind mittels eines Zapfens auf je
einem Postament befestigt. Und diese realistisch getreue Wieder-
gabe einer technischen Vorrichtung könnte den Gedanken nahe-
legen, daß auch die stattliche Figur des stehenden Togatus, der die
Rechte wie betend hebt, auf einer Basisstufe, deretwegen die tabula
ansata mit der Inschrift seitlich verschoben werden mußte, ein
statuarisches Bildwerk sei. Und doch handelt es sich1 wohl nur um
eine Szene aus dem Alltagsleben des Gutsherrn, der das Treiben
der Feldarbeiter daneben beaufsichtigt und, das aufgeschlagene
Diptychon in der Linken, seine Befehle erteilt. Der betonte Grö-
ßenunterschied bedeutet im Grunde ja noch dasselbe wie auf der
Arkesilasschale2 und ihren Vorbildern, den ägyptischen Grabgemäl-
den und -reliefs, wo unter den Augen des Aufsehers oder des Herrn
selber die Sklaven ihren Dienst verrichten. Der Sockel war dem
Künstler ein willkommenes Mittel, um den schmalen verfügbaren
Raum mit dem Bilde des Verstorbenen bis zur Scheitelhöhe zu
füllen. (Der Mann ist auch so noch ,,allzu lang geraten“, meint
Amelung). Allein es ist ein bereits typisch und formelhaft gewor-
denes Motiv, und hier also keinesfalls den wirklichen Postamenten
der Bildnisbüsten in den Seitenfeldern gleichzusetzen!
Das besprochene Beispiel zeigt uns die — immerhin seltene —
Verbindung zweier wurzelhaft verschiedener ,,Basis“-Arten in
einem kompositioneilen Zusammenhang. Nun aber die mancherlei
Zwischenglieder und Varianten: anzufangen mit dem sachlich ge-
forderten, der Wirklichkeit nachgebildeten Requisit. Bald ist es,
in Opfer- und sonstigen rituellen Szenen, der Trittstein neben dem
Altar, die thymele, die sogar die Gestalt einer richtigen profilierten
Statuenbasis haben kann3. Bald jenes als calasta oder lapis bezeich-
nete Gerüst, wie es bei der Sklavenversteigerung zur Anwendung
kommt4. Bald der suggestus des öffentlichen Redners, der künstlich
1 Trotz des großen Schmetterlings in der Mitte, der vielleicht sinnbild-
lich auf das Monument als solches zu beziehen ist,nicht anders als auf späteren
Sarkophagen das christliche Symbol. Über die Szenen aus dem Privatleben
des Verstorbenen in der röm. Sepulkralplastik s. jetzt von Schoenebeck,
Der Mailänder Sarkophag u. s. Nachfolge (1935) 24, 73, 103.
2 FR. Taf. 151; Buschor, Griech. Vasenmalerei 119 Abb. 86.
3 Apollonaltar, Louvre; Gusman, L’art decor. de Rome Taf. 179;
Baumeister, Denkmäler 157 Abb. 60 (nach Bouillon, Musee d. ant. III Taf.2).
4 Klio 12, 1912, 502 Abb. 2; Germania 2, 1918, Beilage 5/6 Abb. 2
(S. 110f., Laum), vgl. RE. III 1786.
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gen Feldern zu Seiten des Mittelbildes hat man richtig als die
wächsernen imagines erklärt; sie sind mittels eines Zapfens auf je
einem Postament befestigt. Und diese realistisch getreue Wieder-
gabe einer technischen Vorrichtung könnte den Gedanken nahe-
legen, daß auch die stattliche Figur des stehenden Togatus, der die
Rechte wie betend hebt, auf einer Basisstufe, deretwegen die tabula
ansata mit der Inschrift seitlich verschoben werden mußte, ein
statuarisches Bildwerk sei. Und doch handelt es sich1 wohl nur um
eine Szene aus dem Alltagsleben des Gutsherrn, der das Treiben
der Feldarbeiter daneben beaufsichtigt und, das aufgeschlagene
Diptychon in der Linken, seine Befehle erteilt. Der betonte Grö-
ßenunterschied bedeutet im Grunde ja noch dasselbe wie auf der
Arkesilasschale2 und ihren Vorbildern, den ägyptischen Grabgemäl-
den und -reliefs, wo unter den Augen des Aufsehers oder des Herrn
selber die Sklaven ihren Dienst verrichten. Der Sockel war dem
Künstler ein willkommenes Mittel, um den schmalen verfügbaren
Raum mit dem Bilde des Verstorbenen bis zur Scheitelhöhe zu
füllen. (Der Mann ist auch so noch ,,allzu lang geraten“, meint
Amelung). Allein es ist ein bereits typisch und formelhaft gewor-
denes Motiv, und hier also keinesfalls den wirklichen Postamenten
der Bildnisbüsten in den Seitenfeldern gleichzusetzen!
Das besprochene Beispiel zeigt uns die — immerhin seltene —
Verbindung zweier wurzelhaft verschiedener ,,Basis“-Arten in
einem kompositioneilen Zusammenhang. Nun aber die mancherlei
Zwischenglieder und Varianten: anzufangen mit dem sachlich ge-
forderten, der Wirklichkeit nachgebildeten Requisit. Bald ist es,
in Opfer- und sonstigen rituellen Szenen, der Trittstein neben dem
Altar, die thymele, die sogar die Gestalt einer richtigen profilierten
Statuenbasis haben kann3. Bald jenes als calasta oder lapis bezeich-
nete Gerüst, wie es bei der Sklavenversteigerung zur Anwendung
kommt4. Bald der suggestus des öffentlichen Redners, der künstlich
1 Trotz des großen Schmetterlings in der Mitte, der vielleicht sinnbild-
lich auf das Monument als solches zu beziehen ist,nicht anders als auf späteren
Sarkophagen das christliche Symbol. Über die Szenen aus dem Privatleben
des Verstorbenen in der röm. Sepulkralplastik s. jetzt von Schoenebeck,
Der Mailänder Sarkophag u. s. Nachfolge (1935) 24, 73, 103.
2 FR. Taf. 151; Buschor, Griech. Vasenmalerei 119 Abb. 86.
3 Apollonaltar, Louvre; Gusman, L’art decor. de Rome Taf. 179;
Baumeister, Denkmäler 157 Abb. 60 (nach Bouillon, Musee d. ant. III Taf.2).
4 Klio 12, 1912, 502 Abb. 2; Germania 2, 1918, Beilage 5/6 Abb. 2
(S. 110f., Laum), vgl. RE. III 1786.