Neue Darstellungen griechischer Sagen: I. Kreta.
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auf römischen Sarkophagen, und gern in symmetrischer Anordnung,
als genau sich entsprechende Gegenstücke1.
Wenden wir uns nach diesem Exkurs wiederum unserer Vase
aus Knossos zu; denn um Parallelen zu der Konfrontierung eines
Figurenpaares auf getrennten Sockeln zu finden, brauchen wir nicht
erst in jener Spätzeit Umschau zu halten, der die zuletzt erwähnten
Denkmäler angehören. Die gravierte Zeichnung eines etruskischen
Bronzespiegels in der Pariser Nationalbibliothek2, der um 500 v. Chr.
datiert wird, enthält ein Bild von ausgesprochen sakralem Charak-
ter. Aber sicher war es ein Irrtum, wenn man den nackten Jüngling
und das Mädchen in langem Chiton, die auf reichprofilierten, altar-
förmigen Rundbasen einander gegenüberstehen, als Götterbilder
deuten zu sollen meinte; Apoll und Artemis, an die hierbei gedacht
wurde3, dürften in einem Milieu von so betonter Feierlichkeit nicht
ohne ihre gewohnten Attribute sein, von solchen aber fehlt hier
jede Spur. Gemeint ist doch wohl, nach der Annahme Ducatis,
die Adoration einer Lichtgottheit, deren Kopf der Strahlennimbus
in der Mitte des Bildes sehen läßt, durch irdische Verehrer. Und
,,;Statuenbasen“, als welche sie noch Studniczka bezeichnet hat,
sind die Untersätze gewiß nicht. Genau dieselbe Form des Posta-
ments finden wir wieder als Basis der Frauengestalt auf der Relief-
stele von Marzabotto, „deren Stil in Griechenland und Südetrurien
bald nach 500 zu setzen wäre, jedoch in dem barbarischen Nord-
etrurien leicht bis ins vierte Jahrhundert herabreichen kann“4.
Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir hier eine Tradition am Werke
vermuten, die hei Denkmälern in der Art eben jener kretischen
Grabstelen von Prinia5 ihren Anfang nahm; nur ist an die Steile des
abstrakten Flächenornaments, das dort der Figur der Verstorbenen
als Sockel dient, das Abbild eines wirklichen, körperlich empfunde-
1 Opferdiener u. -dienerinnen, auf Podien stehend: BJb. 135, 1930
Taf. 2, 2; 3, 2; 9, 1 u. 2; Esperandieu VIII 323 Nr. 6401; 326 Nr. 6406.
Oder Genien, Laren u. a.; Satyrn u. Mänaden: JHS. 20, 1900 Taf. 11.
2 Babelon-Blanchet, Catal. des bronzes de la Bibi. Nat. Nr. 1300
Abb. S. 517; Daremberg-Saglio IV 1428 Abb. 6536; Studniczka, ÖJh. 6,
1903, 138 Abb. 83; Ducati, RM. 27, 1912, 243ff. Taf. 9; derselbe, Storia
dell’arte etrusca Taf. 119 Abb. 315 (S. 292).
3 Gerhard, Etr. Spiegel IV 1 S. 24 (zu Taf. 24), ihm folgend Babelon-
Blanchet.
4 Studniczka, a. O. 139 Abb. 84; Montelius, La civilisation prim, en
Italie I Taf. 108, 5 S. 516; Ducati, RM. a. O. 245 u. Storia S. 283, 28.
5 Mem. Istit. Lomb. 22, 1910 Taf. 4, 9, 10; vgl. oben S. 12 Anm. 1, 2.
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auf römischen Sarkophagen, und gern in symmetrischer Anordnung,
als genau sich entsprechende Gegenstücke1.
Wenden wir uns nach diesem Exkurs wiederum unserer Vase
aus Knossos zu; denn um Parallelen zu der Konfrontierung eines
Figurenpaares auf getrennten Sockeln zu finden, brauchen wir nicht
erst in jener Spätzeit Umschau zu halten, der die zuletzt erwähnten
Denkmäler angehören. Die gravierte Zeichnung eines etruskischen
Bronzespiegels in der Pariser Nationalbibliothek2, der um 500 v. Chr.
datiert wird, enthält ein Bild von ausgesprochen sakralem Charak-
ter. Aber sicher war es ein Irrtum, wenn man den nackten Jüngling
und das Mädchen in langem Chiton, die auf reichprofilierten, altar-
förmigen Rundbasen einander gegenüberstehen, als Götterbilder
deuten zu sollen meinte; Apoll und Artemis, an die hierbei gedacht
wurde3, dürften in einem Milieu von so betonter Feierlichkeit nicht
ohne ihre gewohnten Attribute sein, von solchen aber fehlt hier
jede Spur. Gemeint ist doch wohl, nach der Annahme Ducatis,
die Adoration einer Lichtgottheit, deren Kopf der Strahlennimbus
in der Mitte des Bildes sehen läßt, durch irdische Verehrer. Und
,,;Statuenbasen“, als welche sie noch Studniczka bezeichnet hat,
sind die Untersätze gewiß nicht. Genau dieselbe Form des Posta-
ments finden wir wieder als Basis der Frauengestalt auf der Relief-
stele von Marzabotto, „deren Stil in Griechenland und Südetrurien
bald nach 500 zu setzen wäre, jedoch in dem barbarischen Nord-
etrurien leicht bis ins vierte Jahrhundert herabreichen kann“4.
Wir werden kaum fehlgehen, wenn wir hier eine Tradition am Werke
vermuten, die hei Denkmälern in der Art eben jener kretischen
Grabstelen von Prinia5 ihren Anfang nahm; nur ist an die Steile des
abstrakten Flächenornaments, das dort der Figur der Verstorbenen
als Sockel dient, das Abbild eines wirklichen, körperlich empfunde-
1 Opferdiener u. -dienerinnen, auf Podien stehend: BJb. 135, 1930
Taf. 2, 2; 3, 2; 9, 1 u. 2; Esperandieu VIII 323 Nr. 6401; 326 Nr. 6406.
Oder Genien, Laren u. a.; Satyrn u. Mänaden: JHS. 20, 1900 Taf. 11.
2 Babelon-Blanchet, Catal. des bronzes de la Bibi. Nat. Nr. 1300
Abb. S. 517; Daremberg-Saglio IV 1428 Abb. 6536; Studniczka, ÖJh. 6,
1903, 138 Abb. 83; Ducati, RM. 27, 1912, 243ff. Taf. 9; derselbe, Storia
dell’arte etrusca Taf. 119 Abb. 315 (S. 292).
3 Gerhard, Etr. Spiegel IV 1 S. 24 (zu Taf. 24), ihm folgend Babelon-
Blanchet.
4 Studniczka, a. O. 139 Abb. 84; Montelius, La civilisation prim, en
Italie I Taf. 108, 5 S. 516; Ducati, RM. a. O. 245 u. Storia S. 283, 28.
5 Mem. Istit. Lomb. 22, 1910 Taf. 4, 9, 10; vgl. oben S. 12 Anm. 1, 2.