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Arnold von Salis:
nach den Seiten zu sich verschmälernde Stirnschmuck, was wir ja
meist unter Diadem hegreifen, dieser Zeit überhaupt fremd zu sein.
Ob hoch oder niedrig,das Band läuft stets als geschlossener Reif
von derselben Breite rings um den Kopf herum. Unser Exemplar
nun. bei dem die Höhe geringer ist als der Durchmesser, mit seinen
Besatz von Rosetten, großen Perlen oder Steinen — denn etwas
Derartiges stellt natürlich die Punktreihe vor — sieht gewissen
Kronentypen der klassischen griechischen Kunst merkwürdig ähn-
lich. Auf manchen Denkmälern besonders des 5. und 4. Jahrhun-
derts, Reliefs und Vasen, Münzen und Terrakotten, finden wir diese
Form, wo über dem Reif noch ein Teil des Oberkopfes emporragt1.
Es sind nicht alles Göttinnen, die solchen kostbaren Schmuck
tragen, aber für die Frühzeit jedenfalls kommt ihm augenschein-
lich eine sakrale Bedeutung zu, und in der kretisch-mykenischen
Kunst sind es ausschließlich Szenen kultischen Charakters, wo Göt-
tinnen und Sterbliche so vor uns erscheinen. Auf der Vase von
Ivnossos bezeichnet das Diadem zumindest etwas Ungewöhnliches,
sagen wir, den hohen Rang seiner Trägerin, nicht anders als auf den
gleichfalls hocharchaischen korinthischen Goldreliefs mit der Ge-
schichte von Theseus und Ariadne2, wo nur diese, die ihrem Helden
bei der Tötung des Minotauros hilfreich zur Seite steht, einen
schmalen, doch deutlich erkennbaren Kopfreif hat, die zum Reigen-
tanz antretenden Mädchen des benachbarten Feldes dagegen nicht.
Nach der Überlieferung war jenes märchenhafte Göttergeschenk,
dessen Gefunkel Theseus die Finsternis des Labyrinths erhellt, und
das hernach, als Ariadnes Krone unter die Sternbilder versetzt,
am nächtlichen Firmament erscheint, ein kunstvoll gearbeitetes
Geschmeide, ,,gezaubert von Gold und von Edelstein“. Eine
richtige Krone also3. Zum einfachen Laubgewinde hat es erst die
1 Zu vergleichen etwa der Kronreif der Hera auf der weißgrundigen
Schale in München FR. Taf. 65 II 24, oder auf dem Parisurteil des frühunter-
ital. Kraters in Paris, ebenda Taf. 147 III 162.
2 AZ. 42,1884 Taf. 8, 2 u. 3 (= Furtwängler, Kl. Sehr. I Taf. 15, 2 u. 3);
Langlotz, Ant. Plastik (Festschr. Amelung) 116 Abb. 3, 5; L. Curtius,
Antike Kunst II 83 Abb. 87; vgl. Payne, Necrocorinthia 222f.; Kunze. Kret.
Bronzereliefs 214f.
3 Hygin astron. II 5: dicitur etiam a Vulcano facta ex auro et indicis
gemmis, per quam Theseus existimatur de tenebris lahyrinthi ad lucem venisse;
quod aurum et gemmae in obscuro fulgorem luminis efficiebant. Zur Sage Robert,
AA. 1889, 142 u. Hermes 33, 1898, 1321; Wagner, RE. II 805, 807; Preller-
Robert II 4 680ff.; Wilamovvitz, Glaube d. Hell. I 410 erklärt den χορός,
Arnold von Salis:
nach den Seiten zu sich verschmälernde Stirnschmuck, was wir ja
meist unter Diadem hegreifen, dieser Zeit überhaupt fremd zu sein.
Ob hoch oder niedrig,das Band läuft stets als geschlossener Reif
von derselben Breite rings um den Kopf herum. Unser Exemplar
nun. bei dem die Höhe geringer ist als der Durchmesser, mit seinen
Besatz von Rosetten, großen Perlen oder Steinen — denn etwas
Derartiges stellt natürlich die Punktreihe vor — sieht gewissen
Kronentypen der klassischen griechischen Kunst merkwürdig ähn-
lich. Auf manchen Denkmälern besonders des 5. und 4. Jahrhun-
derts, Reliefs und Vasen, Münzen und Terrakotten, finden wir diese
Form, wo über dem Reif noch ein Teil des Oberkopfes emporragt1.
Es sind nicht alles Göttinnen, die solchen kostbaren Schmuck
tragen, aber für die Frühzeit jedenfalls kommt ihm augenschein-
lich eine sakrale Bedeutung zu, und in der kretisch-mykenischen
Kunst sind es ausschließlich Szenen kultischen Charakters, wo Göt-
tinnen und Sterbliche so vor uns erscheinen. Auf der Vase von
Ivnossos bezeichnet das Diadem zumindest etwas Ungewöhnliches,
sagen wir, den hohen Rang seiner Trägerin, nicht anders als auf den
gleichfalls hocharchaischen korinthischen Goldreliefs mit der Ge-
schichte von Theseus und Ariadne2, wo nur diese, die ihrem Helden
bei der Tötung des Minotauros hilfreich zur Seite steht, einen
schmalen, doch deutlich erkennbaren Kopfreif hat, die zum Reigen-
tanz antretenden Mädchen des benachbarten Feldes dagegen nicht.
Nach der Überlieferung war jenes märchenhafte Göttergeschenk,
dessen Gefunkel Theseus die Finsternis des Labyrinths erhellt, und
das hernach, als Ariadnes Krone unter die Sternbilder versetzt,
am nächtlichen Firmament erscheint, ein kunstvoll gearbeitetes
Geschmeide, ,,gezaubert von Gold und von Edelstein“. Eine
richtige Krone also3. Zum einfachen Laubgewinde hat es erst die
1 Zu vergleichen etwa der Kronreif der Hera auf der weißgrundigen
Schale in München FR. Taf. 65 II 24, oder auf dem Parisurteil des frühunter-
ital. Kraters in Paris, ebenda Taf. 147 III 162.
2 AZ. 42,1884 Taf. 8, 2 u. 3 (= Furtwängler, Kl. Sehr. I Taf. 15, 2 u. 3);
Langlotz, Ant. Plastik (Festschr. Amelung) 116 Abb. 3, 5; L. Curtius,
Antike Kunst II 83 Abb. 87; vgl. Payne, Necrocorinthia 222f.; Kunze. Kret.
Bronzereliefs 214f.
3 Hygin astron. II 5: dicitur etiam a Vulcano facta ex auro et indicis
gemmis, per quam Theseus existimatur de tenebris lahyrinthi ad lucem venisse;
quod aurum et gemmae in obscuro fulgorem luminis efficiebant. Zur Sage Robert,
AA. 1889, 142 u. Hermes 33, 1898, 1321; Wagner, RE. II 805, 807; Preller-
Robert II 4 680ff.; Wilamovvitz, Glaube d. Hell. I 410 erklärt den χορός,