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Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1935/36, 4. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 1: Kreta — Heidelberg, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.41987#0034
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Arnold von Salis:

Szenen wendet sie das abstrakte Füllornament so gut wie niemals
an, im Gegensatz zu den übrigen orientalisierenden Stilarten, wo
es von oft sehr anspruchslosen Streumustern nur so wimmelt. Man
betrachte daraufhin die bemalten Vasen festländischer oder ost-
griechischer Herkunft, die in den Gräbern von Knossos und Arkades
ja ebenfalls vertreten sind1. Find vergleiche damit die sicher kreti-
schen Stücke, wo die Bildfläche wie mit eisernem Besen gekehrt
erscheint und nichts anderes zugelassen ist als die Figuren und das
sachlich notwendige Beiwerk. Gerade der Verzicht auf jenes bunte
Treiben kleinlichen Zierwerks macht den eigenartigen Reiz dieser
kretischen Bilder aus, verleiht ihnen den großen freien Zug2. Auch
im beschränkten Rahmen unserer Szene ist, neben und zwischen
den Figuren, ja viel leerer Raum, den beispielsweise die ,,melische“
Vasenmalerei gewiß nicht ungenützt gelassen hätte. Wenn nun da
oben, ausgerechnet in der kleinsten dieser Bildlücken, ganz allein
der runde Ball erscheint, so können wir darin nichts anderes er-
blicken als das, was-—außer dem erwähnten Gestus der Zuneigung
— die beiden Königskinder verbindet, über die trennende Lücke
hinweg3: das Knäuel von Ariadnes Faden4.

1 Knossos: BSA. 29, 1927—28, 265 Nr. 176 Taf. 10, 7 (rhodisch); 266
Nr. 179 Taf. 25; Payne, Necrocorinthia Taf. 8. 1—6 (protokorinth.). Arkades:
Annuario 10—12, 1027—29,1 25 Abb. 107 Taf. 17; 354 Abb. 462 Taf. 24
(rhod.); 103f. Abb. 78 Taf. 14 (korinth.).
2 Siehe die Bemerkungen von Poulsen, AM. 31, 1906, 382f. zum Teller
von Praisos, der „wie ein Anachronismus innerhalb der damaligen Kunst“ wirkt.
3 Und was Payne eben auf unserer Vase vermißte!
4 Thu A. 22f. Abb. 19—21 und die übrigen dort- zitierten Beispiele.
Dagegen hatte ich mich täuschen lassen, wenn ich auch auf dem Tonpinax aus
Tarent (Langlotz, Antike Plastik 113ff. Abb. 1; ThuA. Abb. 1 u. 17) das
Garnknäuel zu sehen meinte. Und ich benütze gern den Anlaß, um den Irrtum
richtigzustellen. Nämlich zwei weitere, noch unveröffentlichte Repliken des
tarentinischen Tonreliefs befinden sich im Musee du Cinquantenaire in Brüssel
(A. 14241 und im Frauen-College Vassar, Poughkeepsie, New York. Auf das
erstgenannte Stück hat mich P. Jacobsthal, auf das zweite M. Bieber
freundlichst hingewiesen. Für genauere Auskunft und photographische Auf-
nahmen bin ich Herrn Mayence in Brüssel und Miss Inez Scott Ryberg vom
Vassar College zu lebhaftem Dank verpflichtet. Seither hatte ich auch Ge-
legenheit, das Brüsseler Exemplar selber einzusehen. Es wurde 1907 durch
F. Cu mont in Tarent gekauft und ist gewiß antik. Erhalten ist nur die obere
Hälfte der Platte, doch stimmen die Maße mit denjenigen des Exemplars
Langlotz überein, augenscheinlich stammen beide Stücke aus derselben Form.
Hier ist aber klar, daß die erhobene Rechte des Mädchens gar nichts hält.
Was auf dem Langlotzschen Exemplar wie ein runder Gegenstand aussieht,
 
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