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Arnold von Salis:
europäischer Vorgeschichte mit starker innerer Anteilnahme durch-
geführt, hat rasch die verdiente Beachtung gefunden1.
Eine illyrische Einwanderung, von der schon antike Überliefe-
rung berichtet, und damit gewissermaßen eine „Balkanisierung“
des Landes, gibt Norden nur für das südliche Picenum zu. Der
nördliche Landesteil dagegen, das Gebiet des späteren ager Galli-
cus, dem unsere Grabsteine entstammen, sei von einer auto-
chthonen, altmittelmeerländischen, „pelasgischen“ Bevölkerung
(.Asiii, nach Silius Italicus) besiedelt, einem Volk mit ganz fremd-
artiger, noch ungedeuteter Sprache. Die Dekoration der Grabmäler
aber, in den Sandstein gravierte Figurenbilder und Verzierungen,
trage vorgeschichtliches Gepräge und sei den bekannten Felsbildern
der Bronzezeit im hohen Norden, in Südschweden und Dänemark,
in ihrem Wesen, und doch wohl nicht zufällig, nah verwandt. Es
sei — wenn auch nicht zeitlich, so doch nach Stil und Gehalt —
prähistorische Kunst2.
Der Autor des genannten Werkes hatte den Weg nach dem
Norden zu einer Zeit eingeschlagen, als er noch weniger betreten
war; die Inangriffnahme seiner Untersuchung liegt um Adele
Jahre zurück. Man sieht es dem Ergebnis an, daß es in lang-
wieriger, tiefschürfender Arbeit zustande kam. Und weiter: es
wird da Halt gemacht, wo der Laie in Sachen der Denkmäler-
kunde die Grenzen seiner Erkenntnis weiß. Die Fragen, die auf
dieses Gebiet übergreifen, werden, wie eben angedeutet, wohl auf-
geworfen, doch soll das letzte Wort der Fachwissenschaft verblei-
ben, die für die Erklärung kunstgeschichtlicher Vorgänge und Zu-
sammenhänge zuständig ist3. Die Archäologie wird sich zu den
1 Norden, Alt-Germanien. Völker- und namensgeschichtliche Unter-
suchungen (1934). Fünfter Abschnitt: Zur Vor- und Frühgeschichte europä-
ischer Stämme 217—248 und Nachtrag 305 — 309, mit Verwertung der gesam-
ten einschlägigen Literatur. Über einige neuere Veröffentlichungen s. unten.
2 Die Ähnlichkeit der Darstellungen mit den nordischen „Hälleristningern“
hatten allerdings viel früher schon andere bemerkt, ohne indes eine Erklärung
dafür zu versuchen; wahrscheinlich bereits Worsaae, in einer Mitteilung über
den Novilara-Fund in der Gesellschaft für nordische Altertumskunde in Kopen-
hagen im Jahre 1871, sodann Undset, Zeitschrift f. Ethnologie 15, 1883, 211,
213. Vgl. auch Hoernes-Menghin, Urgeschichte d. bild. Kunst in Europa
(1925) 468ff. Siehe aber Möbius s. v. Stele, RE. III A (1929) 2322: „Die Bilder
erwecken durch ihre Primitivität die irreführende Erinnerung an altnordische
Felszeichnungen“. Gegen die Hypothese von Norden jetzt R. Syme, JRS. 26,
1936, 79f.
3 Norden, a. O. 238, 248.
Arnold von Salis:
europäischer Vorgeschichte mit starker innerer Anteilnahme durch-
geführt, hat rasch die verdiente Beachtung gefunden1.
Eine illyrische Einwanderung, von der schon antike Überliefe-
rung berichtet, und damit gewissermaßen eine „Balkanisierung“
des Landes, gibt Norden nur für das südliche Picenum zu. Der
nördliche Landesteil dagegen, das Gebiet des späteren ager Galli-
cus, dem unsere Grabsteine entstammen, sei von einer auto-
chthonen, altmittelmeerländischen, „pelasgischen“ Bevölkerung
(.Asiii, nach Silius Italicus) besiedelt, einem Volk mit ganz fremd-
artiger, noch ungedeuteter Sprache. Die Dekoration der Grabmäler
aber, in den Sandstein gravierte Figurenbilder und Verzierungen,
trage vorgeschichtliches Gepräge und sei den bekannten Felsbildern
der Bronzezeit im hohen Norden, in Südschweden und Dänemark,
in ihrem Wesen, und doch wohl nicht zufällig, nah verwandt. Es
sei — wenn auch nicht zeitlich, so doch nach Stil und Gehalt —
prähistorische Kunst2.
Der Autor des genannten Werkes hatte den Weg nach dem
Norden zu einer Zeit eingeschlagen, als er noch weniger betreten
war; die Inangriffnahme seiner Untersuchung liegt um Adele
Jahre zurück. Man sieht es dem Ergebnis an, daß es in lang-
wieriger, tiefschürfender Arbeit zustande kam. Und weiter: es
wird da Halt gemacht, wo der Laie in Sachen der Denkmäler-
kunde die Grenzen seiner Erkenntnis weiß. Die Fragen, die auf
dieses Gebiet übergreifen, werden, wie eben angedeutet, wohl auf-
geworfen, doch soll das letzte Wort der Fachwissenschaft verblei-
ben, die für die Erklärung kunstgeschichtlicher Vorgänge und Zu-
sammenhänge zuständig ist3. Die Archäologie wird sich zu den
1 Norden, Alt-Germanien. Völker- und namensgeschichtliche Unter-
suchungen (1934). Fünfter Abschnitt: Zur Vor- und Frühgeschichte europä-
ischer Stämme 217—248 und Nachtrag 305 — 309, mit Verwertung der gesam-
ten einschlägigen Literatur. Über einige neuere Veröffentlichungen s. unten.
2 Die Ähnlichkeit der Darstellungen mit den nordischen „Hälleristningern“
hatten allerdings viel früher schon andere bemerkt, ohne indes eine Erklärung
dafür zu versuchen; wahrscheinlich bereits Worsaae, in einer Mitteilung über
den Novilara-Fund in der Gesellschaft für nordische Altertumskunde in Kopen-
hagen im Jahre 1871, sodann Undset, Zeitschrift f. Ethnologie 15, 1883, 211,
213. Vgl. auch Hoernes-Menghin, Urgeschichte d. bild. Kunst in Europa
(1925) 468ff. Siehe aber Möbius s. v. Stele, RE. III A (1929) 2322: „Die Bilder
erwecken durch ihre Primitivität die irreführende Erinnerung an altnordische
Felszeichnungen“. Gegen die Hypothese von Norden jetzt R. Syme, JRS. 26,
1936, 79f.
3 Norden, a. O. 238, 248.