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Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0054
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Arnold von Saus:

Kunst während ihrer ganzen Dauer1. Der Zeichner der Novilara-
Stele scheint dem gleichen Prinzip zu huldigen; ob von sich aus,
oder irgendwie unter fremdem Einfluß stehend, entzieht sich unse-
rem Urteil. Das erstere wäre sehr wohl denkbar; die ideoplastische
Kinderkunst verfährt auch nicht anders, wenn sie einen Teich in
einer Landschaft drin zeichnen will. Um aber den dargestellten Vor-
gang selber deuten zu können, dazu bedürfte es vielleicht des Ein-
blicks in rituelle Gebräuche eines Volkes, dessen eigentliche Welt
uns noch verschlossen ist.
Oder sollten wir doch etwas tiefer greifen, die Szene im Bereich
des rauhen Alltags suchen dürfen ? Dann könnte etwa ein Beispiel
wieder aus der griechischen Vasenmalerei als Wegweiser dienen:
jenes Bild einer weißgrundigen schwarzfigurigen Lekythos in Athen2,
dessen plausible Erklärung Konrad Hoffmann und Heinrich
Brunn verdankt wird. Es handelt sich um eine Züchtigung, ver-
mutlich von Sklaven, die an das Kielholen erinnert, „eine jetzt
wohl außer Gebrauch gekommene Seemannsstrafe, die darin be-
stand, das der Delinquent an einem Taue unter dem Kiele des
Schiffes weggezogen wurde. Sie konnte eine mildere oder strengere
sein, da bei einem schnellen und straffen Anziehen des Taues das
Zerschellen des Körpers am Kiel und damit der Tod keineswegs
ausgeschlossen war, während im entgegengesetzten Falle der Ver-
urteilte mit einem unangenehmen Bade und dem Todesschrecken
davonkam. Das Vasenbild weicht allerdings in der Art der Voll-
streckung, aber nicht im Wesen von dieser besonderen Form der
Strafe ab.“ Hier werden zwei Missetäter, an Leinen festgebunden,
von den Uferfelsen aus ins Meer geschleudert, in dessen Fluten sich
Fische und ein Tintenfisch schon lustig tummeln. Ein drittes Opfer
erwartet, mit auf dem Bücken gefesselten Händen, gleichfalls das

1 Vgl. Schäfer, Von ägypt. Kunst 3101, 303, dazu 173 Abb. 141—144,
202 Abb. 183, Taf. 18, 2 u. 30; L. Curtius, Antike Kunst I 102, 128; Schäfer-
Andrae, Die Kunst des Alten Orients 347, 350. Auch in längeren Friesen ist
das gestreckte Rechteck als Oberfläche des Wassers, nicht als Durchschnitt
zu verstehen, s. Klebs, Die Reliefs u. Malereien d. mittl. Reiches 57; Beispiele
solcher viereckig gerahmter Flußbilder auch Jdl. 31, 1916, 12 Abb. 4, 13 Abb. 5,
Taf. 1.
2 Collignon-Couve Nr. 969; Papaspiridi 299 Nr. 487; G. Hirschfeld,
AZ. 31, 1873, 52ff. Taf. 5; Brunn, AZ. 34, 1876, 126 = Kl. Schriften III 56;
Dumont-Chaplain, C6ram. de la Grece propre I 385 (Pottier) Taf. 23 u. II 51
Nr. 1; M. Heinemann, Landschaftl. Elemente in d. griech. Kunst 80; Pfuhl,
MuZ. Abb. 281.
 
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