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Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0059
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Neue Darstellungen griechischer Sagen: II. Picenum.

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zeigt zwei Männer, die mit Spießen je einem wilden Tier zu Leibe
gehen, der links einem Stier, der rechts einem Bären1; die obere,
nach der bisher unwidersprochen gebliebenen Erklärung des Heraus-
gebers, eine figurenreiche Kampfszene. Aber auf alle Fälle keine,
wie wir sie sonst zu sehen gewohnt sind! „Ein Schlachten war’s
nicht eine Schlacht zu nennen“ (Jungfrau von Orleans I 9). Wir
können dem Leser eine Beschreibung des grausigen Vorgangs nicht
ersparen, es kommt hier unseres Erachtens sehr auf Einzelheiten
an2.
Die mittlere Gruppe sieht in der Tat nach einem Zweikampf
aus: der Mann rechts bohrt seinem Gegner die lange Stoßwaffe
in den Leib; der steht in hilfloser Haltung, den einen Arm wie in
Abwehr ausgestreckt, während die Rechte die Lanze senkrecht
hebt oder sich aufstützt. Links oben ein untätiger Zuschauer,
ruhig wartend, mit geschultertem Speer. Etwas tiefer, neben dem
rätselhaften Dreieck, steht einer, der sein großes Beil soeben zum
Schlage niederfallen läßt. Zu Füßen dieser Gruppe liegen drei
nackte Menschen am Boden, der links auf dem Rücken, die Arme
dem Leib entlang, gerade ausgestreckt. Der mittlere auf dem Bauch3,
mit etwas vorgeneigtem Gesicht, die Arme auf dem Rücken, ver-
mutlich gefesselt; die linke Wade weist eine scharfe Hiebwunde
auf, so als sei der Unterschenkel durchgeschnitten. Die Figur rechts
endlich ist auf die Seite gelegt, mit dem Kopf in Vorderansicht. Die
Arme sind gekreuzt; der rechte, der die Brust überschneidet, hängt

1 So zweifellos richtig Brizio 175, ihm folgend Reisch. Anders Gut-
scher und Hoernes-Menghin, die beides für Bären oder „bärenartige Tiere“
halten möchten; doch verraten die Formen von Kopf, Schwanz und Hufen,
und vor allem die Bauchlinie, bei der Figur links deutlich einen Stier.
2 Die Interpreten haben es sich zumeist recht leicht gemacht: « Tune des
faces est ornee d’une roue ä quatre rayons ainsi que d’hommes et d’animaux »
(Montelius); „sechs mit Lanzen bewaffnete Männer, zu deren Füßen Tote zu
liegen scheinen“ (Gutscher); „fünf Männer, von denen zwei im Zweikampf'
begriffen sind, auf dem Boden liegen drei Leichen Gefallener ( ?)“ (Reisch);
„eine Gruppe speerbewaffneter, vielleicht im Kampf begriffener Männer, unter
welchen hingestreckte Tote ... zu sehen sind“ (Hoernes-Menghin). Einzig
Brizio beschreibt genau, kommt aber doch zum Schluß, es handle sich wohl
um „un vero combattimento“. Für die folgende Betrachtung empfiehlt es sich,
neben unserer Abbildung auch die bei Brizio 182 Abb. 30 heranzuziehen, die
bei anderer Beleuchtung aufgenommen ist und diese oder jene Linie klarer er-
kennen läßt.
3 D. h. gerade umgekehrt als Brizio es sieht: „supino con la testa ro-
vesciata all’ indietro e le braceia lungo il corpo“.
4*
 
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