Neue Darstellungen griechischer Sagen: II. Picenum,
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Gräberfeld an. Denn so findet das Heldenstück, das hier dem Be-
schauer vorgemacht wird, am ehesten seine Erklärung; eine richtige
Feldschlacht würde man sich anders denken. Die Dreiecke sind be-
stimmt keine abstrakt geometrischen Füllornamente1; Brizio a. 0.
175 und Mariani 684 und 687 (in seines Vaters Hause scheinen
überhaupt viele Wohnungen zu sein, wie man aus seiner gesamten
Interpretation entnehmen muß) möchten in ihnen die Abbilder von
primitiven Hütten oder Zelten erblicken, was kaum einer Wider-
legung bedarf. Auf der Fano-Stele wird der kurze senkrechte Strich
über der Mitte der Bodenlinie den Tumulus-Eingang bezeichnen.
Er findet sich bei beiden Figuren an derselben Stelle; vom größeren
Dreieck ist fast die ganze linke Hälfte durch den Bruch zerstört, wie
ja auch vom Grabmal des Patroklos darüber nur noch ein Teil er-
halten ist2.
Und auch das wird uns wohl ohne weiteres zugegeben werden,
daß unter den Kämpfen mit Stier und Bär auf Abb. 2 nicht etwa
Jagdabenteuer gemeint sein sollen, wie bisher allgemein angenom-
men wurde, sondern Tierhetzen, natürlich gleichfalls anläßlich der
Leichenfeier. Was eignete sich besser zum Bildschmuck eines Toten-
mals ? Den Fechter- und Tierkämpfen liegt ja doch eine gemeinsame
Idee zugrunde; sie gehören zusammen, stellen eine Einheit dar: so,
wie sie auf unserer Stele miteinander vereinigt sind, vielleicht auch
eine bildliche Einheit, als auf demselben Schauplatz sich abspielen-
des Geschehen. Es sieht wirklich so aus, als habe das Grabmonu-
ment des Umbricius Scaurus vor dem Herkulaner Tor zu Pompeji,
dessen Stuckreliefs sowohl blutige Gladiatorenkämpfe wie venatio-
nes — darunter gleichfalls Tötung von Bär und Stier -— mit wahr-
haft erschöpfender Gründlichkeit schildern, auf italischem Boden
seinen, wenn auch bescheidenen, Vorgänger gehabt3.
1 Solche kommen auf den figürlichen Bildern der Novilara-Stelen nir-
gends vor — das Radmuster als Kopfschmuck, immer an der gleichen Stelle,
hat fraglos symbolischen Sinn —, sondern nur auf der Inschriftseite, z. B.
Norden Taf. 3, 1.
2 Über Leichenspiele und Kämpfe am Grabhügel s. Malten 331 ff., 338.
3 Mazois, Ruines de Pompei I Taf. 30—32; Mau, Pompeji in Leben und
Kunst2 * 437ff. Abb. 258; Mau-Ippel, Führer durch Pompeji6 197; Schreiber,
Kulturhistor. Bilderatlas Taf. 30, 2—9 (nur die Fechterkämpfe). Vgl. ferner
das von einem pompejanischen Grabmal vor dem Stabianer Tor stammende
große Marmorrelief im Neapeler Museum (Guida Ruesch 93 Nr. 414; Avellino,
BullNap. I. Ser. 3, 1845, 86ff.; 4, 1846 Taf. 1; Ghislanzoni, MonAnt. 19,1908s
569, 600, 611 Taf. 4; Malten 329 Anm.4); im oberen Fries Gladiatorenkämpfej
im unteren Tierhetzen; auch hier werden Bär und Stier mit dem Speer gefällt.
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Gräberfeld an. Denn so findet das Heldenstück, das hier dem Be-
schauer vorgemacht wird, am ehesten seine Erklärung; eine richtige
Feldschlacht würde man sich anders denken. Die Dreiecke sind be-
stimmt keine abstrakt geometrischen Füllornamente1; Brizio a. 0.
175 und Mariani 684 und 687 (in seines Vaters Hause scheinen
überhaupt viele Wohnungen zu sein, wie man aus seiner gesamten
Interpretation entnehmen muß) möchten in ihnen die Abbilder von
primitiven Hütten oder Zelten erblicken, was kaum einer Wider-
legung bedarf. Auf der Fano-Stele wird der kurze senkrechte Strich
über der Mitte der Bodenlinie den Tumulus-Eingang bezeichnen.
Er findet sich bei beiden Figuren an derselben Stelle; vom größeren
Dreieck ist fast die ganze linke Hälfte durch den Bruch zerstört, wie
ja auch vom Grabmal des Patroklos darüber nur noch ein Teil er-
halten ist2.
Und auch das wird uns wohl ohne weiteres zugegeben werden,
daß unter den Kämpfen mit Stier und Bär auf Abb. 2 nicht etwa
Jagdabenteuer gemeint sein sollen, wie bisher allgemein angenom-
men wurde, sondern Tierhetzen, natürlich gleichfalls anläßlich der
Leichenfeier. Was eignete sich besser zum Bildschmuck eines Toten-
mals ? Den Fechter- und Tierkämpfen liegt ja doch eine gemeinsame
Idee zugrunde; sie gehören zusammen, stellen eine Einheit dar: so,
wie sie auf unserer Stele miteinander vereinigt sind, vielleicht auch
eine bildliche Einheit, als auf demselben Schauplatz sich abspielen-
des Geschehen. Es sieht wirklich so aus, als habe das Grabmonu-
ment des Umbricius Scaurus vor dem Herkulaner Tor zu Pompeji,
dessen Stuckreliefs sowohl blutige Gladiatorenkämpfe wie venatio-
nes — darunter gleichfalls Tötung von Bär und Stier -— mit wahr-
haft erschöpfender Gründlichkeit schildern, auf italischem Boden
seinen, wenn auch bescheidenen, Vorgänger gehabt3.
1 Solche kommen auf den figürlichen Bildern der Novilara-Stelen nir-
gends vor — das Radmuster als Kopfschmuck, immer an der gleichen Stelle,
hat fraglos symbolischen Sinn —, sondern nur auf der Inschriftseite, z. B.
Norden Taf. 3, 1.
2 Über Leichenspiele und Kämpfe am Grabhügel s. Malten 331 ff., 338.
3 Mazois, Ruines de Pompei I Taf. 30—32; Mau, Pompeji in Leben und
Kunst2 * 437ff. Abb. 258; Mau-Ippel, Führer durch Pompeji6 197; Schreiber,
Kulturhistor. Bilderatlas Taf. 30, 2—9 (nur die Fechterkämpfe). Vgl. ferner
das von einem pompejanischen Grabmal vor dem Stabianer Tor stammende
große Marmorrelief im Neapeler Museum (Guida Ruesch 93 Nr. 414; Avellino,
BullNap. I. Ser. 3, 1845, 86ff.; 4, 1846 Taf. 1; Ghislanzoni, MonAnt. 19,1908s
569, 600, 611 Taf. 4; Malten 329 Anm.4); im oberen Fries Gladiatorenkämpfej
im unteren Tierhetzen; auch hier werden Bär und Stier mit dem Speer gefällt.