Metadaten

Salis, Arnold [Hrsg.]; Salis, Arnold [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 1. Abhandlung): Neue Darstellungen griechischer Sagen, 2: Picenum — Heidelberg, 1937

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41988#0072
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
64

Arnold von Salis:

hier Hellas räumlich schon recht weit entrückt, und griechische
Importstücke der Art, wie wir sie erwarten müßten, scheinen in
Picenum zu fehlen; jedenfalls ist in den vielen bisher untersuchten
Gräbern nichts dergleichen gefunden worden, und das wird nicht
bloß Zufall sein1. Die Anregungen, die wir im Verlauf unserer Unter-
suchung mit Sicherheit festzustellen vermochten, müssen auf ande-
rem Wege, als dem der direkten Einfuhr durch den Handel, nach
dieser Küste der Adria gelangt sein. Und weshalb nicht auf dem
nächstliegenden und naturgegebenen — über Illyrien ? Dahin weist
schon der Charakter des Gräberinhaltes, der Schmucksachen und
Waffen2. Was aber für uns viel wichtiger ist: dort auf dem Balkan,
Picenum gerade gegenüber, begegnen uns auch die einzigen wirk-
lichen Parallelen zu der in Frage stehenden Grabmalform. Auf die
Verwandtschaft mit den Stelenfragmenten aus der Nekropole von
Jezerine in Pritoka, jetzt im Bosnischen Landesmuseum zu Sara-
jewo, haben schon andere aufmerksam gemacht3. Die Platten, eben-
falls aus weichem Sandstein, zeigen in gleichartiger Gravierung
figürliche Bilder, das eine Stück einen mit Helm und Speer bewaff-
neten Krieger, der sich in Beili und Glied mit unseren Figuren stellt,
und die Zeichnung als solche ist nicht weniger „barbarisch“. Und
doch schimmert die Erinnerung an hellenische Vorbilder noch hin-
durch4. Vor allem gilt das für das Flechtband rein griechischer

1 Die Frage des Imports ausländischer Kunstware jetzt sehr ausführlich
behandelt von Marconi, La cultura orientalizzante nel Piceno, MonAnt. 35,
1935, 265—456 m. Taf. 1—31.
2 Angesichts der von D. Randall-MacIver, The iron age in Italy
(1929) 144ff. festgestellten engen Beziehungen zu Bosnien ist die Behauptung
von Messerschmidt, Bronzezeit und frühe Eisenzeit in Italien (1935) 48, daß
„eine kulturelle Abhängigkeit vom Balkane her nur schwer zu beweisen wäre“,
nicht recht verständlich.
3 Radimisky, Mitteil, aus Bosnien u. d. Hercegowina 3, 1895, 182
Abb. 594; Hoernes, ebenda 516ff. Taf. 12; Ebert RV. VI167 Taf. 51; v. Sydow,
Propyl.-Kunstgesch. I 460 Abb. 3, 545. Das zweite Exemplar Hoernes, Mitt.
5, 1897, 337 Taf. 70. Vergleich mit den Novilara-Steinen bei Hoernes, a. O.
338; Möbius, RE. III A 2322; R. Syme, JRS. 26, 1936, 79.
4 Die Denkmäler wurden, gleich nach ihrem Bekanntwerden, von
Hoernes dem Ende der Hallstattzeit oder der Früh-La-Tene-Stufe zuge-
schrieben und durchaus zutreffend als Proben einer „altertümlich barbarischen
Mischkunst“ und eines „Stils von byzantinischer Langlebigkeit“ bewertet,
der Jahrhunderte lang gedauert habe; und schon er spricht von einer „lang-
samen Verschiebung der archaisch nordgriechischen Kultur durch Illyrien
nach Oberit alien.“
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften