4. Ubi est qui natus est rex Iudaeorum (n. 19—20).
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Wesen, wenn das Sein selbst nicht in ihnen wäre ? Das Sein aber,
welches in allen existierenden Wesen ist, ist in einem jeden Exi-
stierenden, ohne auf dieses oder jenes eingeschränkt zu sein, so
daß alle, die da sind, durch das Sein das sind, was sie sind. Denn
wäre das Sein selbst im Himmel mit den durch den Himmel als
Himmel gegebenen Schranken, so wäre es nicht in der Erde; und
wie wäre die Erde dann ohne das Sein ? So ist es in allen und in
keinem: in allen, insofern sie sind, in keinem eingeschränkt, inso-
fern es dieses Sein ist. Der Himmel aber ist dieses Sein und nicht
jenes, weil er nicht das absolute Sein selbst ist, sondern ein ein-
geschränktes und begrenztes <Sein>. Wäre er nämlich unein-
geschränkt und unbegrenzt, unendlich, so wäre er dies nicht mehr
als jenes, sondern enthielte gleichmäßig das Sein aller in sich.
Denn die Kraft, die allen wirklichen und möglichen Wesen Sein
verleiht, Gott, ist überall und nirgends, wie Augustinus in der
Schrift Über die wahre Religion von der Wahrheit sagt. Er ist
überall, das heißt an allen Orten, aber nicht an einen Ort gebun-
den oder <sonstwie) beschränkt. Vielmehr, während er an allen
Orten ist, bleibt er von allen Orten unabhängig, weil er an keinen
gebunden ist.
20. Denn er ist im Sein des Ortes, weil das Sein des
Ortes in ihm ist, er hat aber keinen Ort, obgleich er vom
Sein des Ortes nicht fern ist, gleichwie das Sein der Hand im Sein
aller Finger ist. Denn alle Finger nehmen ihr Sein von der Fülle
des Seins der Hand, und wäre das Sein der Finger nicht im Sein
der Hand, so wären sie nicht. Denn der Finger, der vom Sein der
Hand getrennt ist, ist nicht <mehr> Finger, <wie> die Hand
nicht der Finger ist, sondern das Sein des Fingers hat sein Sein
vom Sein der Hand. Also ist das Sein der Hand nicht im Finger
als Finger oder im Daumen als Daumen oder im Zeigefinger als
Zeigefinger. Denn wäre das Sein der Hand im Daumen als Daumen,
so hätte der Zeigefinger sein Sein nicht vom Sein der Hand. Denn
das Sein der Hand enthielte nicht das Sein aller Finger, wenn es
auf den Daumen eingeschränkt wäre. Damit also das Sein der
Hand allen Fingern das Sein verleihen kann, ist es auf keinen be-
schränkt. Mit diesem Beispiel von dem Sein der Hand kannst du
dir helfen, wenn du zum Sein des Weltalls übergehst und von ihm
zur Ursache seines Seins, wie wenn du vom Sein der Hand zu ihrer
Ursache, nämlich dem Intellekt, aufschauen wolltest, der Ursprung
und Endziel des Seins der Hand ist.
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Wesen, wenn das Sein selbst nicht in ihnen wäre ? Das Sein aber,
welches in allen existierenden Wesen ist, ist in einem jeden Exi-
stierenden, ohne auf dieses oder jenes eingeschränkt zu sein, so
daß alle, die da sind, durch das Sein das sind, was sie sind. Denn
wäre das Sein selbst im Himmel mit den durch den Himmel als
Himmel gegebenen Schranken, so wäre es nicht in der Erde; und
wie wäre die Erde dann ohne das Sein ? So ist es in allen und in
keinem: in allen, insofern sie sind, in keinem eingeschränkt, inso-
fern es dieses Sein ist. Der Himmel aber ist dieses Sein und nicht
jenes, weil er nicht das absolute Sein selbst ist, sondern ein ein-
geschränktes und begrenztes <Sein>. Wäre er nämlich unein-
geschränkt und unbegrenzt, unendlich, so wäre er dies nicht mehr
als jenes, sondern enthielte gleichmäßig das Sein aller in sich.
Denn die Kraft, die allen wirklichen und möglichen Wesen Sein
verleiht, Gott, ist überall und nirgends, wie Augustinus in der
Schrift Über die wahre Religion von der Wahrheit sagt. Er ist
überall, das heißt an allen Orten, aber nicht an einen Ort gebun-
den oder <sonstwie) beschränkt. Vielmehr, während er an allen
Orten ist, bleibt er von allen Orten unabhängig, weil er an keinen
gebunden ist.
20. Denn er ist im Sein des Ortes, weil das Sein des
Ortes in ihm ist, er hat aber keinen Ort, obgleich er vom
Sein des Ortes nicht fern ist, gleichwie das Sein der Hand im Sein
aller Finger ist. Denn alle Finger nehmen ihr Sein von der Fülle
des Seins der Hand, und wäre das Sein der Finger nicht im Sein
der Hand, so wären sie nicht. Denn der Finger, der vom Sein der
Hand getrennt ist, ist nicht <mehr> Finger, <wie> die Hand
nicht der Finger ist, sondern das Sein des Fingers hat sein Sein
vom Sein der Hand. Also ist das Sein der Hand nicht im Finger
als Finger oder im Daumen als Daumen oder im Zeigefinger als
Zeigefinger. Denn wäre das Sein der Hand im Daumen als Daumen,
so hätte der Zeigefinger sein Sein nicht vom Sein der Hand. Denn
das Sein der Hand enthielte nicht das Sein aller Finger, wenn es
auf den Daumen eingeschränkt wäre. Damit also das Sein der
Hand allen Fingern das Sein verleihen kann, ist es auf keinen be-
schränkt. Mit diesem Beispiel von dem Sein der Hand kannst du
dir helfen, wenn du zum Sein des Weltalls übergehst und von ihm
zur Ursache seines Seins, wie wenn du vom Sein der Hand zu ihrer
Ursache, nämlich dem Intellekt, aufschauen wolltest, der Ursprung
und Endziel des Seins der Hand ist.