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Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 2. Abhandlung): Vier Predigten im Geiste Eckharts — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41989#0113
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4. Ubi est qui natus est rex Iudaeorum (n. 25—27).

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was sie will, nicht richtig auf, wenn man eine derartige Frage stellt.
Denn die Frage setzt voraus, der Allmächtige könne nicht alles,
was er will, und Gott sei nicht Gott. Daher antwortet der Pro-
phet auf diese Frage mit Recht: wie er wollte, so tat er; und im
Gebet bekennen wir, daß sein Wille im Himmel und auf Erden
geschieht. So könnte man also antworten: hätte er gewollt, so
hätte er gekonnt. Wenn einer nun weiter fragte: warum wollte er
nicht eher schaffen, so wird man sagen, die Frage schließe einen
Widerspruch ein. Denn sie setzt voraus, der freie Wille sei nicht
frei. Daher gibt es keine andere Antwort als diese: der Wille
Gottes ist frei, und statt eines Grundes antwortet die Freiheit.
Vergleiche zu diesen Fragen Augustin im 11. Buch der Be-
kenntnisse; sie sind aber <in der Predigt) beiseite zu lassen, weil
sie nicht erbauen.
2G. Kehren wir also zurück und sagen wir: wo ist oder
wohnt Gott? Denn Sein oder Wohnen fallen in Gott, soweit
die vorliegende Frage in Betracht kommt, zusammen. Man sagt
aber, Gott wohne in der höchsten Höhe: ,,Ich wohne in der höch-
sten Höhe“ (Jes. Sir. 24, 7); er wohnt im Himmel, wie der
Psalmist sagt: ,,Zu dir erhebe ich meine Augen, der du im Himmel
wohnst“; er wohnt in der Mitte: ,,Er wohnt in ihrer Mitte“ (Exo-
dus 25, 8); er wohnt im Nebel oder in einer Wolke: ,,Moses ging
zu dem Nebel hin, in dem Gott war“ (Exodus 20, 21); in den Hei-
ligen: ,,Du aber wohnst in dem Heiligen, du Lobpreis Israels“
(Ps. 21, 4). ,,Er wohnt in unzugänglichem Lichte“ (1. Tim. 6, 16).
27. Nun laßt uns nach dem geistlichen Sinn des Wortes
fragen: ,,Wo ist der neugeborene König der Juden?“ und
aus dem bisher Gesagten die Antwort entnehmen. Denn das
gnadenhafte Sein gleicht sich dem naturhaften Sein an, dem es zu-
gefügt und wie ein Gewand übergezogen wird, wie die Kunst, soweit
sie vermag, sich der Natur angleicht. Erstens ist Gott nicht in
der Zeit: die Menschen also, die Zeitliches und Vorübergehendes
umfassen, als wäre er darin, zu dem alles hinstrebt,täuschen sich.
Auch wer in sich geteilt ist und bei der Kontinuität und der Aus-
dehnung der Körper haften bleibt oder bei einem die Grenzen
der Ausdehnung nicht überschreitenden Bilde oder im Bereich
24. supervestitur. Cf. 2 Cor. 5, 4. — Ars imitatur naturam. ARISTO-
TELES Phys. B c. 2 (194 a 21); Meteor. A c. 3 (381 b 6).
25—113, 2. cf. ECHARDUS In loh. n. 206 (lOOva); viel, supra p. 102,
17 seq.
3 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1936/37. 2. Abh.
 
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