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Ranke, Hermann; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1936/37, 3. Abhandlung): Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen in Satzform — Heidelberg, 1937

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https://doi.org/10.11588/diglit.41990#0030
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30

Hermann Ranke:

vermag1. Und ein grundsätzlicher Skeptiker könnte einwenden,
daß dies alles ganz schön und einleuchtend sei aber doch so lange
in der Luft schwebe, als sich nicht an einem einzigen Punkte nach-
weisen läßt, daß im ägyptischen Altertum ein bei einer bestimmten
Gelegenheit ausgesprochener Satz nun auch wirklich zu einem Na-
men geworden ist.
Aber ich glaube, wir können auch diesen letzten Beweis an-
treten. Alan Gardiner hat kürzlich2 den Text eines Papyrus des
Neuen Reiches veröffentlicht, in dem auf den Kauf einer syrischen
Sklavin durch eine ägyptische Frau Bezug genommen wird. In
diesem Texte wird ausdrücklich erwähnt, die Dame habe, nachdem
der Kauf abgeschlossen war, die in ihren Besitz übergegangene
Sklavin — die bis dahin natürlich einen syrischen Namen getragen
hatte — gm]. n. j-hr-Imn.t.t genannt.
Gmj.n.j.hr-imn.t.t aber ist ein Satz und heißt „ich habe im
Westen (etwas) gefunden“. Dieser Satz hat offenbar den Sinn, daß
die Frau auf der Westseite von Theben, d.h. am Wüstenrande, wo
die Gräberstadt sich ausbreitet, und wo man im Allgemeinen nichts
Wertvolles zu finden pflegte — wo sie selbst aber wohnte, und wo
der im Text erwähnte „Kaufmann“ ihr die Syrerin zum Kauf an-
geboten hatte — in den Besitz dieser Sklavin gekommen sei. Wir
haben hier also den Übergang eines sinnvollen Ausspruches in
einen Personennamen (nur in diesem Falle nicht bei der Geburt
eines Kindes, sondern beim Abschluß des Kaufs einer Sklavin3)
für das Ägypten des Neuen Reiches ausdrücklich nachgewiesen.
Mehr aber werden wir wohl auch in Zukunft kaum erwarten dürfen.
Ich habe eingangs gesagt, daß in der Sitte der aus ganzen
Sätzen gebildeten Personennamen die Ägypter sich mit den semi-
tischen Völkern des Altertums zu einer Gruppe zusammenschließen.

1 Man könnte etwa denken, daß im Anfang die Gleichzeitigkeit bestimm-
ter gesprochener Worte mit dem Erscheinen des Kindes als eine magische Iden-
tität Beider gedeutet worden sei.
2 Journ. Eg. Arch. 2 (1935), S. 140ff.
3 Auf eine ganz ähnliche Situation bezieht es sich, wenn nach Exodus 2,
10 die ägyptische Prinzessin dem hebräischen Knaben im Augenblicke der
Adoption den Namen Mosche (Moses) gibt mit der Begründung „ich habe ihn
aus dem Wasser gezogen (meschitihu)“ —- wobei es wieder gleichgültig ist, daß
die Erklärung des Namens vor unserer heutigen wissenschaftlichen Erkenntnis
nicht standhält.
 
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