Grundsätzliches zum Verständnis der ägyptischen Personennamen. 31
Ist also meine Erklärung der Entstehung dieser Satznamen richtig,
so darf sie natürlich nicht auf die ägyptischen allein beschränkt
werden. Sie ist vielmehr grundsätzlich auf die Entstehung der Per-
sonennamen in Satzform auch bei den semitischen Völkern des
alten Orients, die ich eingangs genannt habe, auszudehnen. Die in
meiner Erklärung vorausgesetzte Sitte wird also auf eine „ursemi-
tische“ Zeit zurückzuführen sein, die die semitische Komponente der
geschichtlichen Ägypter noch mitumfaßt hat1.
Eine genauere Stellungnahme hierzu muß ich den Spezia-
listen überlassen. Nur hinweisen möchte ich darauf, daß mir weder
bei den babylonisch-assyrischen noch bei den hebräischen2 Personen-
namen3 irgend etwas einer solchen Annahme zu widersprechen
scheint. Im Gegenteil, auch hier wird manches erst verständlich
und vieles erst wirklich lebendig, eben wenn wir diese Annahme
zugrundelegen. So etwa babylonisch:
sumum-lisi „möge ein Sohn (eig. „Name“) herauskommen!“
lumur-gimil-Samas „möge ich die Gabe des Schamasch sehen!“
ana-Sin-takläku „auf (den Gott) Sin habe ich mein Vertrauen
gesetzt“
Nannar-ablam-idinnam „(der Mondgott) Nannar hat einen
Erben gegeben“
Samas-rlmanni „Schamasch, sei mir gnädig!“
adi-mati-ill „wie lange noch, mein Gott?!“
Sin-aham-idinnam „Sin hat einen Bruder gegeben“
ili-amranni „sieh auf mich, mein Gott!“
üi-amtahar „zu meinem Gott flehe ich“
ana-Aja-uzni „auf (die Göttin) Aja ist mein Ohr (gerichtet)“
Sin-asü „Sin ist ein Arzt“
atanah-ill „ich seufze, mein Gott!“
Samas-süzibanni „Schamasch, errette mich!“
Ea-sulüluni „Ea ist unser Schatten (d. h. Schutz o. ä.)“
ana-Sin-emid „auf Sin vertraue ich!“
Samas-ellazu „Schamasch ist seine Stärke“
1 Die Frage, wie sich hierzu die Satznamen der (nichtsemitischen) Su-
merer verhalten, bedarf einer besonderen Untersuchung.
2 Bei einer Gruppe von hebräischen Personennamen, die er als „Dank-
namen“ bezeichnet, hat M. Noth schon angenommen, daß „als Gegenstand des
Dankes in allererster Linie das Wirken der Gottheit bei der Geburt des Kindes
in Betracht kommt“ (a. a. O. S. 1691).
3 Für das Südarabische und die aramäischen Dialekte fehlt mir eine aus-
reichende Übersicht. Vgl. aber S. 6, Anm. 3 u. 4.
Ist also meine Erklärung der Entstehung dieser Satznamen richtig,
so darf sie natürlich nicht auf die ägyptischen allein beschränkt
werden. Sie ist vielmehr grundsätzlich auf die Entstehung der Per-
sonennamen in Satzform auch bei den semitischen Völkern des
alten Orients, die ich eingangs genannt habe, auszudehnen. Die in
meiner Erklärung vorausgesetzte Sitte wird also auf eine „ursemi-
tische“ Zeit zurückzuführen sein, die die semitische Komponente der
geschichtlichen Ägypter noch mitumfaßt hat1.
Eine genauere Stellungnahme hierzu muß ich den Spezia-
listen überlassen. Nur hinweisen möchte ich darauf, daß mir weder
bei den babylonisch-assyrischen noch bei den hebräischen2 Personen-
namen3 irgend etwas einer solchen Annahme zu widersprechen
scheint. Im Gegenteil, auch hier wird manches erst verständlich
und vieles erst wirklich lebendig, eben wenn wir diese Annahme
zugrundelegen. So etwa babylonisch:
sumum-lisi „möge ein Sohn (eig. „Name“) herauskommen!“
lumur-gimil-Samas „möge ich die Gabe des Schamasch sehen!“
ana-Sin-takläku „auf (den Gott) Sin habe ich mein Vertrauen
gesetzt“
Nannar-ablam-idinnam „(der Mondgott) Nannar hat einen
Erben gegeben“
Samas-rlmanni „Schamasch, sei mir gnädig!“
adi-mati-ill „wie lange noch, mein Gott?!“
Sin-aham-idinnam „Sin hat einen Bruder gegeben“
ili-amranni „sieh auf mich, mein Gott!“
üi-amtahar „zu meinem Gott flehe ich“
ana-Aja-uzni „auf (die Göttin) Aja ist mein Ohr (gerichtet)“
Sin-asü „Sin ist ein Arzt“
atanah-ill „ich seufze, mein Gott!“
Samas-süzibanni „Schamasch, errette mich!“
Ea-sulüluni „Ea ist unser Schatten (d. h. Schutz o. ä.)“
ana-Sin-emid „auf Sin vertraue ich!“
Samas-ellazu „Schamasch ist seine Stärke“
1 Die Frage, wie sich hierzu die Satznamen der (nichtsemitischen) Su-
merer verhalten, bedarf einer besonderen Untersuchung.
2 Bei einer Gruppe von hebräischen Personennamen, die er als „Dank-
namen“ bezeichnet, hat M. Noth schon angenommen, daß „als Gegenstand des
Dankes in allererster Linie das Wirken der Gottheit bei der Geburt des Kindes
in Betracht kommt“ (a. a. O. S. 1691).
3 Für das Südarabische und die aramäischen Dialekte fehlt mir eine aus-
reichende Übersicht. Vgl. aber S. 6, Anm. 3 u. 4.