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Walther Köhler:
bezirk kommt das Genossenschaftliche zum Ausdruck; mit dem
Bestand seiner Gemeinde steht und fällt der Kult des Heros100. Aber
es können testamentarisch Familien-Kultgenossenschaften gestiftet
werden zur Pflege des Ahnenkultes; am bekanntesten ist das Testa-
ment der Epicteta von Thera im zweiten vorchristlichen Jahr-
hundert, die 3000 Drachmen mit einem genauen νόμος, einem Kult-
reglement, stiftet101; es steht aber durchaus nicht allein102. Mit
Recht sagt Foucart: „Les fondations de culte heroique par des
confreries ou des familles sont tres repandues dans tout le monde
hellenique et se maintiennent jusqu’ä la fin du paganisme103“. Auch
auf römische Kreise übertrug sich diese Sitte104.
Diese Familien-Kultgenossenschaften sind natürlich privat.
Naturgemäß aber ergab sich für die im öffentlichen Leben Hervor-
getretenen oder aus irgendeinem Grunde gemeinsamer Verehrung
teilhaftig Gewordenen auch gemeinsamer öffentlicher Kult, ein
κοινόν ήροισταν. Es bilden sich Genossenschaften zur Pflege be-
stimmter Götterkulte, oder die Gemeinschaft des Standes und Ge-
werbes führt zum Zusammentritt, zum σύνοδος των ήρωαστών105. Das
Testament des Epikur macht eine Philosophenschule zu einem reli-
giösen θίασος, am Grabe Platos innerhalb der Akademie fand wahr-
scheinlich ein regelmäßiger Kult statt, ebenso hatten die Peripate-
tiker eine Genossenschaft zu Ehren des Theophrast und Aristoteles,
und Sophokles ist wahrscheinlich von einem θίασος heroisiert wor-
den, weil er θεοφιλής war. Eine besondere Stellung nimmt in die-
sem Heroisierungsprozesse die Figur des Gründers, des κτιστής oder
οικιστής ein106. Er ist geradezu der Heros der Stadtgemeinde und
erhält sein Heroon auf der αγορά. So erhält Aratos von Sikyon am
100 ib. 638, Fustel de Coulanges 127.
101 Foucart 154. Genaue Analyse bei B. Keil in Hermes 23, 1888,
289ff., auch bei W. H. Roscher: ,,Lexikon“ I. 2, 2531.
102 s. die Beispiele bei Foucart 156.
103 ib. 157. Dort Beispiel einer Inschrift, in der οί Ίουλιασταί, une
confrerie d’amis ou de parents de Julius Xenon, se placent sous le patronage
du Heros.
104 Roscher 2533.
105 Beispiele bei Roscher 2530. Ebenda für das ff.
100 Pfister: „Reliquienkult“ II 623, 1 295ff., Foucart 621, 132:
,,οί γάρ οίκισταί έν μέσαις ταΐς πόλεσι έθάπτοντο έξ έθους.“ Weiteres 1341'.
Βετηε 36, Fustel de Coulanges 177. Ein Beispiel aus einer ganz anderen
Welt bei H. II. Böhme: Der Ahnenkult in Mikronesien, 1937: Der erste
Siedler, der zugleich als Kulturbringer betrachtet wird, wird als öffentlicher
Ahn verehrt.
Walther Köhler:
bezirk kommt das Genossenschaftliche zum Ausdruck; mit dem
Bestand seiner Gemeinde steht und fällt der Kult des Heros100. Aber
es können testamentarisch Familien-Kultgenossenschaften gestiftet
werden zur Pflege des Ahnenkultes; am bekanntesten ist das Testa-
ment der Epicteta von Thera im zweiten vorchristlichen Jahr-
hundert, die 3000 Drachmen mit einem genauen νόμος, einem Kult-
reglement, stiftet101; es steht aber durchaus nicht allein102. Mit
Recht sagt Foucart: „Les fondations de culte heroique par des
confreries ou des familles sont tres repandues dans tout le monde
hellenique et se maintiennent jusqu’ä la fin du paganisme103“. Auch
auf römische Kreise übertrug sich diese Sitte104.
Diese Familien-Kultgenossenschaften sind natürlich privat.
Naturgemäß aber ergab sich für die im öffentlichen Leben Hervor-
getretenen oder aus irgendeinem Grunde gemeinsamer Verehrung
teilhaftig Gewordenen auch gemeinsamer öffentlicher Kult, ein
κοινόν ήροισταν. Es bilden sich Genossenschaften zur Pflege be-
stimmter Götterkulte, oder die Gemeinschaft des Standes und Ge-
werbes führt zum Zusammentritt, zum σύνοδος των ήρωαστών105. Das
Testament des Epikur macht eine Philosophenschule zu einem reli-
giösen θίασος, am Grabe Platos innerhalb der Akademie fand wahr-
scheinlich ein regelmäßiger Kult statt, ebenso hatten die Peripate-
tiker eine Genossenschaft zu Ehren des Theophrast und Aristoteles,
und Sophokles ist wahrscheinlich von einem θίασος heroisiert wor-
den, weil er θεοφιλής war. Eine besondere Stellung nimmt in die-
sem Heroisierungsprozesse die Figur des Gründers, des κτιστής oder
οικιστής ein106. Er ist geradezu der Heros der Stadtgemeinde und
erhält sein Heroon auf der αγορά. So erhält Aratos von Sikyon am
100 ib. 638, Fustel de Coulanges 127.
101 Foucart 154. Genaue Analyse bei B. Keil in Hermes 23, 1888,
289ff., auch bei W. H. Roscher: ,,Lexikon“ I. 2, 2531.
102 s. die Beispiele bei Foucart 156.
103 ib. 157. Dort Beispiel einer Inschrift, in der οί Ίουλιασταί, une
confrerie d’amis ou de parents de Julius Xenon, se placent sous le patronage
du Heros.
104 Roscher 2533.
105 Beispiele bei Roscher 2530. Ebenda für das ff.
100 Pfister: „Reliquienkult“ II 623, 1 295ff., Foucart 621, 132:
,,οί γάρ οίκισταί έν μέσαις ταΐς πόλεσι έθάπτοντο έξ έθους.“ Weiteres 1341'.
Βετηε 36, Fustel de Coulanges 177. Ein Beispiel aus einer ganz anderen
Welt bei H. II. Böhme: Der Ahnenkult in Mikronesien, 1937: Der erste
Siedler, der zugleich als Kulturbringer betrachtet wird, wird als öffentlicher
Ahn verehrt.