Omnis ecclesia Petri propinqua.
23
Ende des 3. Jahrhunderts als οικιστής καί σωτήρ ein Heroon107
ein Beispiel für viele. Mit dem Begriff „Gründer“ nahm man es
nicht so genau; als Heros κτιστής wurde auch behandelt „wer in
einer Stadt ein neues Regiment eingerichtet hatte108“.
In diesen Zusammenhang der Familien-Ahnen-, der Heroen-
Kultgenossenschaft gehört die ecclesia Petri propinqua. Die
ganze Struktur des christlichen Gemeinde-Begriffes kam dem ent-
gegen : sie weiß sich als eine Familie, deren Gründer ihr Vater ist109,
sie ist eine Kultgenossenschaft, deren Mitglieder organisch ver-
bunden sind110. Wenn nun Kallist den Ausdruck ecclesia Petri pro-
pinqua, έκκλησία του Πέτρου συγγενής formt, so schließt er seine Ge-
meinde als Kultgemeinde um das Grab des Petrus zusammen.
Omnis ecclesia Petri propinqua ist die ganze römische
Gemeinde — nur sie, nicht jede Gemeinde — als Petrus-
verwandte, als Petrussippe. Petrus ist der Ahnherr der Ge-
meinde, er ist ihr Oikist ·— seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts
stand es in christlichen Kreisen fest, daß Petrus der Gründer der
römischen Gemeinde war. Die Gemeinde fruktifiziert die δύναμις,
die in ihrem Gründer, antik gesprochen: dem ήρως κτιστής lebendig
ist, so gut wie die antiken Heroenkultgenossenschaften die Kräfte
ihrer Heroen ständig empfingen.
Und war das etwa ein unerhörter Gedanke ? Ais zwei Menschen-
alter vorher Bischof Polykarp von Smyrna das Martyrium erlitten
hatte, waren „die ersten unverkennbaren Ansätze einer kultischen
Verehrung und des Reliquienwesens“ zutage getreten, ganz nach
Art des antiken Heroenkultes* * 111. Und zwar durch die έκκλησία, die
Gemeinde. Die Gemeinde legt Wert darauf, mit „dem heiligen
107 Plutarch, Arat. 53 (auch bei Foucart und Roscher).
i°s Foucart 140, woselbst Beispiele.
109 1. Cor. 4, 15. Es wäre möglich, rein von hier aus, ohne Zuhilfenahme
des Grabes, das Vorgehen des Kallist zu deuten: Petrus der Vater = Ahn,
die Gemeinde des Petrus Kinder, seine Nachkommenschaft, ecclesia petii pro-
pinqua, der Nachkomme hat Anspruch auf die Vorrechte des Vorfahren
(Bethe 38), also . . . ., aber dieser Ahnenkult mit dem Apostel dürfte trotz
des Vater-Begriffes fernliegen.
110 1. Cor. 12, 1 ff.
111 H. von Campenhausen: „Die Idee des Martyriums in der alten
Kirche“, 1936, 80. H. Delehaye : „Les origines du culte des martyrs“, 2. Aufl.
1933, 33f. Vgl. H. Lietzmann: „Gesch. der alten Kirche“ 11, 1936, 134.
Μ. V. Wulf: „Über Heilige und Heiligenverehrung“ 1910, 438 hebt hervor:
„Die Feier wird nicht als eine neue Einrichtung berichtet“, aber frühere An-
fänge sind nicht greifbar.
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Ende des 3. Jahrhunderts als οικιστής καί σωτήρ ein Heroon107
ein Beispiel für viele. Mit dem Begriff „Gründer“ nahm man es
nicht so genau; als Heros κτιστής wurde auch behandelt „wer in
einer Stadt ein neues Regiment eingerichtet hatte108“.
In diesen Zusammenhang der Familien-Ahnen-, der Heroen-
Kultgenossenschaft gehört die ecclesia Petri propinqua. Die
ganze Struktur des christlichen Gemeinde-Begriffes kam dem ent-
gegen : sie weiß sich als eine Familie, deren Gründer ihr Vater ist109,
sie ist eine Kultgenossenschaft, deren Mitglieder organisch ver-
bunden sind110. Wenn nun Kallist den Ausdruck ecclesia Petri pro-
pinqua, έκκλησία του Πέτρου συγγενής formt, so schließt er seine Ge-
meinde als Kultgemeinde um das Grab des Petrus zusammen.
Omnis ecclesia Petri propinqua ist die ganze römische
Gemeinde — nur sie, nicht jede Gemeinde — als Petrus-
verwandte, als Petrussippe. Petrus ist der Ahnherr der Ge-
meinde, er ist ihr Oikist ·— seit der Mitte des zweiten Jahrhunderts
stand es in christlichen Kreisen fest, daß Petrus der Gründer der
römischen Gemeinde war. Die Gemeinde fruktifiziert die δύναμις,
die in ihrem Gründer, antik gesprochen: dem ήρως κτιστής lebendig
ist, so gut wie die antiken Heroenkultgenossenschaften die Kräfte
ihrer Heroen ständig empfingen.
Und war das etwa ein unerhörter Gedanke ? Ais zwei Menschen-
alter vorher Bischof Polykarp von Smyrna das Martyrium erlitten
hatte, waren „die ersten unverkennbaren Ansätze einer kultischen
Verehrung und des Reliquienwesens“ zutage getreten, ganz nach
Art des antiken Heroenkultes* * 111. Und zwar durch die έκκλησία, die
Gemeinde. Die Gemeinde legt Wert darauf, mit „dem heiligen
107 Plutarch, Arat. 53 (auch bei Foucart und Roscher).
i°s Foucart 140, woselbst Beispiele.
109 1. Cor. 4, 15. Es wäre möglich, rein von hier aus, ohne Zuhilfenahme
des Grabes, das Vorgehen des Kallist zu deuten: Petrus der Vater = Ahn,
die Gemeinde des Petrus Kinder, seine Nachkommenschaft, ecclesia petii pro-
pinqua, der Nachkomme hat Anspruch auf die Vorrechte des Vorfahren
(Bethe 38), also . . . ., aber dieser Ahnenkult mit dem Apostel dürfte trotz
des Vater-Begriffes fernliegen.
110 1. Cor. 12, 1 ff.
111 H. von Campenhausen: „Die Idee des Martyriums in der alten
Kirche“, 1936, 80. H. Delehaye : „Les origines du culte des martyrs“, 2. Aufl.
1933, 33f. Vgl. H. Lietzmann: „Gesch. der alten Kirche“ 11, 1936, 134.
Μ. V. Wulf: „Über Heilige und Heiligenverehrung“ 1910, 438 hebt hervor:
„Die Feier wird nicht als eine neue Einrichtung berichtet“, aber frühere An-
fänge sind nicht greifbar.