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Köhler, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1937/38, 3. Abhandlung): Omnis ecclesia Petri propinqua: Versuch einer religionsgeschichtlichen Deutung — Heidelberg, 1938

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https://doi.org/10.11588/diglit.41995#0034
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34

Walther Köhler:

Kirchen-Begriff, und da ergab sich nach dem Schlußverfahren a
parte ad totum: ecclesia = numerus episcoporum15313; im Einzel -
falle war Kallist als Bischof der Repräsentant seiner ecclesia ge-
wesen (ad te, id est: ad omnem ecclesiam).
Es folgt bei Tertullian der zunächst wie ein Sprung anmutende
Passus: at tu iam et in martyras tuos effundis hanc potestatem.
Stoeckius154 weist mit Recht darauf hin, daß dieser Abschnitt
bisher genügende Beachtung nicht fand, aber seine Deutung: ,,Du
nimmst den Märtyrern die Absolutionsgewalt weg“, ist selbst bei
„schärfster, höchst sarkastischer Pointierung“ schon sprachlich un-
möglich, vom Zusammenhang des Folgenden ganz abgesehen. Ter-
tullian wendet sich vielmehr dagegen, daß Kalbst „die widerrecht-
lich angemaßte Gewalt nun auch noch auf die Märtyrer überträgt“
(Rolffs). Wie kommt er dazu? Von unserer Erklärung aus
geradezu zwangsläufig. Worauf beruhte denn die δύναμις des
Petrusgrabes ? Heroenkraft beruht immer auf besonderer, hervor-
ragender Leistung, und für den christlichen Heroen war das Mar-
tyrium die höchste. Was wußte aber die römische Gemeinde von
Petrus ? Διά ζήλον άδικον ούχ ενα ούδέ δύο άλλά πλείονας ύπήνεγκεν
•πόνους, καί ουτω μαρτυρήσας έπορεύΡη εις τον όφειλόμενον τόπον
τής δόξης bezeugt der 1. Clemensbrief von ihm (V, 4). Also die vom
Herrn dem Petrus verheißene δύναμις τού δεΐν καί λύειν wirkt aus
dem Grabe des Märtyrers Petrus. So benutzt sie Kallist. Und
nun möchte man folgern: wer A gesagt hat, muß auch B sagen,

zu dem Ergebnis, daß Kallists „Edikt“ und seine Begründung „eine lediglich
für die römische Gemeinde bestimmte Kundgebung“ war. Vgl. 138: „Dem-
nach hatte Kallist vollständig seinen Zweck erreicht, wenn er seinen neuen
Grundsatz in seiner eigenen Gemeinde.durchsetzte.“ F. X. Seppelt:
„Geschichte des Papsttums“ I, 1931, 40 läßt das Edikt „zunächst für die
römische Gemeinde Geltung“ haben, aber es habe „sicherlich in der Absicht
des römischen Bischofs gelegen, daß seine milde Praxis auch von den übrigen
Bischöfen als maßgebend betrachtet werde.“ Darüber wissen wir nichts. Die
Argumentation Seppelts: „hätte sich die Maßnahme des Kallist auf Rom
beschränkt, so wäre für Tertullian kaum Anlaß gewesen, sich dieses Ediktes
wegen so sehr zu ereifern“, ist nicht stichhaltig. Der Bischof von Rom war
nicht ein beliebiger, den man ignorieren konnte, am wenigsten, wenn man
wie Tertullian bekannte, daß für Afrika von Rom her autoritas praesto est.
Eine derartige Verfügung des römischen Bischofs trug automatisch über sich
selbst hinaus.
153 b Hugo Koch : „ Kallist und Tertullian“ 1920, 46: „in Tertullian wehrt
sich . . . der Geistliche gegen den Bischof“.
154 1091.
 
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