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Walther Köhler:
und Konstantin fortsetzte158. Und allmählich setzte auch in der
Antike eine Wandlung im Heroenideal ein. Einerseits, und zwar
schon früh, wurde es trivial, der Heros wurde geradezu gleich-
bedeutend mit dem Verstorbenen, selbst Kinder wurden heroisiert159,
anderseits wird der Heros zum Weisen und verliert den Charakter
des Wundertäters. Dieser letztere Prozeß ist durch die zweite
Hälfte des fünften Jahrhunderts gekennzeichnet160 ·— das ist die
Zeit Leos I. Dieser Papst hat noch einmal das Rom des Romulus
mit dem Rom der Apostelgräber konfrontiert: ,,is, qui tibi nomen
dedit, fraterna te caede foedavit“ auf der einen Seite, auf der an-
deren: ,,habet praeterea communium patrum magistrorumque veri-
tatis Petri et Pauli sepulcra“. Aber die Wirkungskraft dieses
Schatzes wird in sehr allgemeine Formeln gekleidet: fidelium ani-
mas illuminantia161, oder als Frage: quanto magis nobis alumnis
suis opem dignabitur impendere, apud quos in sacro beatae dormi-
tionis toro eadem qua praesedit carne requiescit ? Immerhin schim-
mert in den Worten der Frage der Grundgedanke des antiken
Heroenkultes: Weiterwirkung der irdischen Kraft noch deutlich
durch: er ruht im Grabe in seinem (sit venia verbo) Präsidial-
fleische, und zwar genau wie einst (eadem), also doch auch in der
potestas der irdischen Wirksamkeit. Aber Leo I. hat (allem An-
schein nach) seine Nachfolgerschaft Petri nicht von hier aus be-
gründet. Ob ihm das griechische Erbrecht vorschwebte, wie K. D.
Schmidt meinte, oder ob eine nähere Begründung bereits nicht
mehr nötig war ?
Denn die Episode ,,Kallist“ bedeutet zugleich eine Etappe.
Kallist war, soweit wir wissen162, der erste, der das Doppelgespann
Petrus und Paulus mit Bezug auf Rom zum Eingespann machte,
der ferner das Wort vom Binden und Lösen auf den römischen
158 H. v. Schoenebeck: „Altchristliche Grabdenkmäler und antike
Grabgebräuche in Rom“ (Arch. i. Religionsgesch. 34, 1937, 75).
159 Foucart 162ff.
160 p Pfister in Arch. f. Religionsgesch. 34, 1937, 43.
161 Sermo 82, Ep. 52 (Migne, P. S. L. 54, 422, 847).
162 Mit Recht erinnert Fasciier daran, daß es „ganz unsicher bleibt, ob
Kallist erstmalig diese Auslegung aufstellt, oder sich eines im bisherigen Kampf
anderswo gebildeten Beweismittels nur bedient.“ Ist unsere Deutung richtig,
so kann dieses „anderswo“ freilich nur der locus sepulcri Petri sein, d. h. Rom.
Wie gesagt, lassen v.Harnack und nach ihm Preusciien 39, sodann Stoeckius
69, Viktor von Rom den Vorgänger Kallists sein.
Walther Köhler:
und Konstantin fortsetzte158. Und allmählich setzte auch in der
Antike eine Wandlung im Heroenideal ein. Einerseits, und zwar
schon früh, wurde es trivial, der Heros wurde geradezu gleich-
bedeutend mit dem Verstorbenen, selbst Kinder wurden heroisiert159,
anderseits wird der Heros zum Weisen und verliert den Charakter
des Wundertäters. Dieser letztere Prozeß ist durch die zweite
Hälfte des fünften Jahrhunderts gekennzeichnet160 ·— das ist die
Zeit Leos I. Dieser Papst hat noch einmal das Rom des Romulus
mit dem Rom der Apostelgräber konfrontiert: ,,is, qui tibi nomen
dedit, fraterna te caede foedavit“ auf der einen Seite, auf der an-
deren: ,,habet praeterea communium patrum magistrorumque veri-
tatis Petri et Pauli sepulcra“. Aber die Wirkungskraft dieses
Schatzes wird in sehr allgemeine Formeln gekleidet: fidelium ani-
mas illuminantia161, oder als Frage: quanto magis nobis alumnis
suis opem dignabitur impendere, apud quos in sacro beatae dormi-
tionis toro eadem qua praesedit carne requiescit ? Immerhin schim-
mert in den Worten der Frage der Grundgedanke des antiken
Heroenkultes: Weiterwirkung der irdischen Kraft noch deutlich
durch: er ruht im Grabe in seinem (sit venia verbo) Präsidial-
fleische, und zwar genau wie einst (eadem), also doch auch in der
potestas der irdischen Wirksamkeit. Aber Leo I. hat (allem An-
schein nach) seine Nachfolgerschaft Petri nicht von hier aus be-
gründet. Ob ihm das griechische Erbrecht vorschwebte, wie K. D.
Schmidt meinte, oder ob eine nähere Begründung bereits nicht
mehr nötig war ?
Denn die Episode ,,Kallist“ bedeutet zugleich eine Etappe.
Kallist war, soweit wir wissen162, der erste, der das Doppelgespann
Petrus und Paulus mit Bezug auf Rom zum Eingespann machte,
der ferner das Wort vom Binden und Lösen auf den römischen
158 H. v. Schoenebeck: „Altchristliche Grabdenkmäler und antike
Grabgebräuche in Rom“ (Arch. i. Religionsgesch. 34, 1937, 75).
159 Foucart 162ff.
160 p Pfister in Arch. f. Religionsgesch. 34, 1937, 43.
161 Sermo 82, Ep. 52 (Migne, P. S. L. 54, 422, 847).
162 Mit Recht erinnert Fasciier daran, daß es „ganz unsicher bleibt, ob
Kallist erstmalig diese Auslegung aufstellt, oder sich eines im bisherigen Kampf
anderswo gebildeten Beweismittels nur bedient.“ Ist unsere Deutung richtig,
so kann dieses „anderswo“ freilich nur der locus sepulcri Petri sein, d. h. Rom.
Wie gesagt, lassen v.Harnack und nach ihm Preusciien 39, sodann Stoeckius
69, Viktor von Rom den Vorgänger Kallists sein.