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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0014
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Elisabeth Bohnenstädt:

richtung lebte. Diese Spureni sollen uns Antrieb sein zu einem von
neuem Gott zugewandten echten Ordnungs- und Friedenserstreben.
Ob Weisheit und Wissenschaft, ob Heer, Handel, ja Sklaventum:
läßt es sich nicht wie zum Schlechten so auch zu immer mehr
das Gute erstrebenden Zwecken aufbauen und verwenden ? Ist
doch die Erde in eben ihrer irdisch-staathaften Ordnung die Stätte,
wo Gott durch die Menschen in der Zeit wirken will, daß am Ende
doch noch, trotz des Sündenfalls und der immer mehr untergangs-
reifen civitas terrena die M'enschheitsentwicklung nach seinem Willen
abgeschlossen werde. Solch tatenmutiger Idealismus befruchtete
vor allem den christlich-imperialen Gedanken des 'heiligen römi-
schen Reiches deutscher Nation’; er stützte sowohl von vornherein
den zuversichtlichen Aufbauwillen deutscher Kaiser, Könige und
Herzoge als auch ein verteidigungsbereites Berechtigungsgefühl
gegenüber verneinenden und zerstörenden Kräften.
Während also Augustinus in dem, was er eigentlich klären und
künden wollte, nicht etwa als erster systematischer Abwäger und
Zuweiser staatlicher und kirchlicher Befugnisse geltend gemacht
werden kann, so war er doch wirklichkeitsverbunden genug, man-
ches den Staat oder die Kirche allgemein oder in der Lage seiner
Zeit betreffende Wort zu reden. Z. B. erwähnte er die Aufgabe
des Staates, zur Erreichung der ewigen Seligkeit mitzuwirken durch
Förderung von Sittlichkeit und wahrer Religion. Und wenn er im
Grunde jede Zwangsherrschaft wie jede Zwangsanwendung ab-
lehnte, er fand sich in der Kriegsunruhe und den Wirrnissen seiner
Zeit mehr und mehr mit diesem Übel als einem gelegentlich not-
wendigen ab und redete auch von angebrachten Zwangsmaßnahmen
selbst im christlichen Volke, d. h. durch die christlichen Kaiser. Bei
solchen und anderen Andeutungen Augustins ist im Auge zu be-
halten, daß zu seiner Zeit noch nicht das deutsche, sondern noch
das alte römische Imperium bestand, und daß es in diesem noch
keine so selbständige und machtgebietende römische Kirchen-
organisation gab wie in den Zeiten, die sich auf Augustinus berufen5.
Von diesem römischen Imperium aber wußte man, daß in ihm auch
der christliche Kaiser sich noch als yonttfex maximus empfand,
daß er Konzile berief und kirchliche Verordnungen erließ, daß all-
gemein auf die kirchenverfolgenden Maßnahmen nun solche einer
mehr oder weniger gewalthaften Förderung des Christentums durch
die Kaiser gefolgt waren. Wurde doch gerade durch die kaiser-
liche Begünstigung der Kirche die friedliche Einordnung der kirch-
 
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