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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0033
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Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des .Nikolaus von Cues. 23

in dem alles gründet, kann auch eigens, in besonderer Weise ein-
greifen. Zur allgemeinen Regelung aber der Erdgeschichte besitzt
von ihm her das Kaisertum im menschlichen Recht seine selb-
ständige Grundlage wie seine Entstehung, die in verschiedener Weise
möglich ist; und es bestand, bevor es Papsttum und Kirche gab.
Unantastbar wie unveräußerlich ist das Kaisertum in seinem Auf-
bau, seinem Macht- und Gewaltbereich, da niemand von Amts
wegen tun kann, was von seinem Amt nicht umfaßt wird oder ihm
widerspricht.
Die innerseelisch vollendende und so höhere Leitung, die zu Gott
hin, ist und bleibt der Pflichtbereich der Kirche, die kein Reich
von dieser Welt ist und daher auch keine zeitlichen Güter besitzen,
nicht über weltliche Gewalt verfügen kann, wenn sie auch welt-
liches Gut, Eigentum des Reiches, verwaltet. Die Schlüsselgewalt
darf also nicht in unrechtmäßigem Anspruch auf irdische Richter-
vollmacht ausgedeutet werden. Der Kirche Norm und Wesensform
hat das Leben Jesu zu sein, ist in Christi Worten und Taten um-
schlossen, denen sie zu folgen hat. Von solcher, zwar nicht in Hin-
sicht auf eine praktische Durchführbarkeit überdachten Grund-
forderung her sieht sich Dante zu viel Kritik veranlaßt an den
sich selbst widersprechenden 'kirchlichen’ Übergriffen auf das Ge-
biet von Recht, Macht, Besitz des Reiches, wie sie besonders von
übereifrigen Kanonisten und Dekretalisten ausgesonnen und ver-
treten wurden. — Die meisten der von Dante berührten prinzi-
piellen und einzelnen Fragen und Klagepunkte bringt auch Niko-
laus von Cues wieder zur Sprache23. Einen wesentlichen Unter-
schied zu diesem aber zeigt Dante darin, daß er durchaus Idealist
ist, daß Cusanus aber solchen Idealismus nach der einen Seite hin
ausführlicher metaphysisch und religiös verankert, nach der an-
deren Seite hin realistisch ergänzt und dienstbar zu machen ver-
sucht. Konnten Gegner Dante bei seiner Nebeneinanderstellung
von Reich und Kirche das Auseinanderfallen grundsätzlich ver-
schiedener angestrebter Glücksziele, verschiedener Zwecke vor-
werfen: Cusanus schaut bedachter aus nach jener in Gott gegrün-
deten Harmonie der verschiedenen Bereiche, die in religiöser Gei-
stigkeit und geistiger Religion die Gegensätze zu überwinden sucht.
Dante greift mit seinen kritischen Folgerungen und Forderungen
nicht so in die realpolitischen Zustände und an eventuelle Besse-
rungsmöglichkeiten seiner Stunde, wie der mitteninne stehende, von
der Not des Reiches und der Kirche bedrängte und beschwörend
 
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