Metadaten

Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0040
Lizenz: Freier Zugang - alle Rechte vorbehalten
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
30

E M SABETH B0 H N ENS TÄDT:

zählig abgestufte Entfaltungsreihe. Aber es handelt sieh hier nicht
um eine wesenhafte und leibhaftige Verbindung, wie wohl der Sohn
Gottes dessen unendliches Ebenbild ist und die drei Personen in
Gott ein Gott sind. Das bleibt oberstes, immer gültiges Gesetz:
zwischen Endlichem und Unendlichem besteht kein erfaßbares,
berechenbares Verhältnis, wie es sich etwa aus einer gleichen Seins-
ebene und Seinsweise ergibt. Nimmt man aber Gott von der Schöp-
fung hinweg, so verbleibt ein Nichts, denn er, ihr Grund, ist auch
ihr eigentliches Sein. Gott, der Unsichtbare, ist das Unsichtige
des Sichtbaren; er schuf etwas Sichtbares, daß so er sich zeige.
Daher ist in Wesen und Leben jedes Geschöpfes irgend etwas eine
Ähnlichkeit mit dem Schöpfer, das uns zu ihm, dem Grund und
Ursprung, weist. Diesen Anruf eines Ähnlichen als Hinweis auf
den Angeähnlichten erfahren wir aber bei uns selbst wie bei an-
deren nicht sowohl in einem Seienden als solchem als vielmehr im.
Erleben eines Aufbrechens, eines Werdens und Entfaltens aus in
ihrem Wie verborgener umschließender Einfaltung. Denn gerade
in solcher verborgenen lebendigen Einfaltung, an der als an seinem
Ursprung vieles Einzelne, das wir wahrnehmen und erfassen kön-
nen, teilnimmt, beruht die eigentliche Ähnlichkeit der Schöpfung
zum Schöpfer, ist doch Gott in seiner überseienden Sphäre alles
in umschließender Weise, wie er nichts von allem ist, insofern es
in seiner auseinandergefalteten Weise hier und nun im Weltsein
steht31. Gott ist in unberührendem Berühren das begründende Sein
aller Dinge, das Alles in allem und die Einheit von allem, wie das
All und jedes Einzelne in ihm nichts anderes sind als er selbst, der
auch die Erfüllung aller Dinge ist. Darum auch geht dem Wissen
über jedes Einzelne, jeden Teil, das Wissen um Gott und das Alles
voraus. Darum aber auch wird der Welt Leben um so mehr wahres
Leben, als es sich in den dazu Angerufenen, den geistig Lebendigen,
zu immer mehr anerstrebter Gleichförmigkeit mit dem ersten,alles
begründenden Schöpferwillen Gottes, zur Übereinstimmung mit
dem göttlichen Leben heraufgestaltet32.
Diese Einstimmigkeit, in der Erfüllung der besonderen
Gabe und Aufgabe irgendwie die treffendste Anähnlichung an
Gottes Wesen herauszugestalten, muß jeder einzelne als an seinem
Platze von Gott besonders gewolltes Geschöpf, als eine besondere
Absicht des Schöpfers, im Blick auf den Willen Gottes vollziehen.
Und hat jemand diese Verpflichtung, das Gesetz Gottes in sich,
sein wahres Sein, recht erfaßt, so erfährt er damit auch, daß es
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften