Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Cues. 38
Verehrung des in seinem Worte redenden Gott-Schöpfers aus-
gerichtet. Denn das Wissen um das Abbildsein läßt den Geist hin-
streben zum Urbild, der lebendigen und reinen Wirklichkeit in
sich, in der er doch nichts anderes, nichts von sich Verschiedenes
erkennt, weil er dort seine Wahrheit und seine unzerstörbare Ver-
wahrheitung sieht. Die einsichtige Vernunft als die geistige leben-
dige Ähnlichkeit Gottes erschaut in sich als einer Einen das Alles.
Aber nur dann hat sie ihre ursprüngliche zusammenfaltende Um-
fassung im Blick, d. h. zugleich: nur dann erkennt sie sich, wenn
sie sich in Gott, nur in ihm, anschaut. Dies aber geschieht, wenn
Gott in ihr sie selbst ist. So ist alles erkennen nichts anderes denn
sich als Ähnlichkeit Gottes erkennen; und diese Ähnlichkeit ist
Kind schaft34.
indessen aber das Körperhafte ohne eigene Entscheidung der
Beeinflussung seiner Beweger und Vollender unterliegt, ist es der
Vernunft — die wesentlich geistige Ausrichtung, d. h. dynamisch
ist -— in ihren freien Willen gegeben, zu werden, zu sein, zu wirken,
wie sie soll. Der vernünftige freie Wille soll sich in seiner Abbild-
lichkeit zu Gottes Allmacht gleichsam über und durch den ganzen
Bereich der Schöpfung zurückbeugen zu ihm, dem freien Grund
von allem, sich diesem zuneigen in immer mehr vollendeter Gleich-
förmigkeit zu seinem allmächtigen Willen. Die freie Vernunft des
Menschen erfaßt ihre eigene ursprunghafte Kraft als Abbild der
unendlichen, in ihrer Freiheit alles Leben wirkenden Schöpferkraft
nur in der eigentlichen und alles Hinausleben erst in Einung halten-
den Freiheit des Entscheids zum Worte Gottes in ihr. Ihre Frei-
heit zur Vollendung besteht darin, daß sie sich in wägender Unter-
scheidung und freigewählter Entscheidung vom Worte Gottes in
ihr beeinflussen, erleuchten, ernähren lasse, im Glauben auf das
Wort Gottes höre. Glauben heißt geistig hinsehend mit Zustim-
mung hören, heißt letztlich zum unerschaubaren Gott hinsehen.
Echter Glaube ist wie schon Menschen so erst recht Gott gegen-
über die krönende Kraft unserer sich schenkenden Freiheit. Er ist
das willentliche, d. h. die Wahrheit liebende, frohe Zugeben, daß
mit unserm Verstände und unserer Einsicht als unserer geistigen
Natur nicht ein Bruch, die Kluft zu einem dunklen Nichts hin
gesetzt ist, sondern unsere alles unter uns umfassende und über
uns selbst hinausführende Vollendung in Gott selbst liegt, dessen
Wort und Licht uns erleuchtet; daß wir bestimmt sind, immer
mehr ein übereinstimmendes, hell widerstrahlendes, allumfassendes
3 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., pbil.-hist. Kl. 193S/39. 3. Abh.
Verehrung des in seinem Worte redenden Gott-Schöpfers aus-
gerichtet. Denn das Wissen um das Abbildsein läßt den Geist hin-
streben zum Urbild, der lebendigen und reinen Wirklichkeit in
sich, in der er doch nichts anderes, nichts von sich Verschiedenes
erkennt, weil er dort seine Wahrheit und seine unzerstörbare Ver-
wahrheitung sieht. Die einsichtige Vernunft als die geistige leben-
dige Ähnlichkeit Gottes erschaut in sich als einer Einen das Alles.
Aber nur dann hat sie ihre ursprüngliche zusammenfaltende Um-
fassung im Blick, d. h. zugleich: nur dann erkennt sie sich, wenn
sie sich in Gott, nur in ihm, anschaut. Dies aber geschieht, wenn
Gott in ihr sie selbst ist. So ist alles erkennen nichts anderes denn
sich als Ähnlichkeit Gottes erkennen; und diese Ähnlichkeit ist
Kind schaft34.
indessen aber das Körperhafte ohne eigene Entscheidung der
Beeinflussung seiner Beweger und Vollender unterliegt, ist es der
Vernunft — die wesentlich geistige Ausrichtung, d. h. dynamisch
ist -— in ihren freien Willen gegeben, zu werden, zu sein, zu wirken,
wie sie soll. Der vernünftige freie Wille soll sich in seiner Abbild-
lichkeit zu Gottes Allmacht gleichsam über und durch den ganzen
Bereich der Schöpfung zurückbeugen zu ihm, dem freien Grund
von allem, sich diesem zuneigen in immer mehr vollendeter Gleich-
förmigkeit zu seinem allmächtigen Willen. Die freie Vernunft des
Menschen erfaßt ihre eigene ursprunghafte Kraft als Abbild der
unendlichen, in ihrer Freiheit alles Leben wirkenden Schöpferkraft
nur in der eigentlichen und alles Hinausleben erst in Einung halten-
den Freiheit des Entscheids zum Worte Gottes in ihr. Ihre Frei-
heit zur Vollendung besteht darin, daß sie sich in wägender Unter-
scheidung und freigewählter Entscheidung vom Worte Gottes in
ihr beeinflussen, erleuchten, ernähren lasse, im Glauben auf das
Wort Gottes höre. Glauben heißt geistig hinsehend mit Zustim-
mung hören, heißt letztlich zum unerschaubaren Gott hinsehen.
Echter Glaube ist wie schon Menschen so erst recht Gott gegen-
über die krönende Kraft unserer sich schenkenden Freiheit. Er ist
das willentliche, d. h. die Wahrheit liebende, frohe Zugeben, daß
mit unserm Verstände und unserer Einsicht als unserer geistigen
Natur nicht ein Bruch, die Kluft zu einem dunklen Nichts hin
gesetzt ist, sondern unsere alles unter uns umfassende und über
uns selbst hinausführende Vollendung in Gott selbst liegt, dessen
Wort und Licht uns erleuchtet; daß wir bestimmt sind, immer
mehr ein übereinstimmendes, hell widerstrahlendes, allumfassendes
3 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., pbil.-hist. Kl. 193S/39. 3. Abh.