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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0054
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Kusabktii B©h ne\ sfÄdt:

lind Gläubigem ein ähnliches Verhältnis wie es beispielsweise dann
gegeben wäre, wenn der deutsche Kaiser sich die Königin von
Frankreich als eben diese Königin und Herrin Frankreichs zur
Braut erwählte, mit der Bedingung, daß sie ihr Land und Volk
ihm unterordne. Sie könnte in ihrem eigentlichen Wesen ihm die
Treue wahren, auch wenn sie nicht stets Aufruhr und Widersetzung
ihrer Untertanen in genügendem Maße unterdrückte. Auf Grund
des herrschenden Bemühens spricht man von der ecclesia coniectu-
ralis als von der unverletzten Braut gemäß des Glaubens, wenn
sie auch in Hinsicht auf den Ungehorsam vieler ihrer Glieder sich
oftmals andere Namen und Kennzeichnungen selbst erwählt. Die
streitende Kirche wird sie genannt; denn in Hinblick auf jenen
Sieg, der durch den Glauben mehr und mehr über Nur-Welt ver-
wirklicht wird, gleicht sie einem Heere, das Christus als Gott und
Menschen, als König und Imperator anerkennt. Doch im Körper
dieses Heeres der streitenden Kirche, die menschlichem Urteil unter-
steht, sind viele Glieder, die wohl nach dem äußeren Anzeichen
als Gläubige erscheinen und doch verborgenerweise abgeschnitten
sind von der Übereinstimmung lebendigen Glaubens. Dies Heer
besteht also aus innerlich echten Gläubigen oder doch gläubig sein
Wollenden und aus nur vorgeblichen, trughaften, deren Abzeichen
das Innere gar nicht entspricht. Und wie auf der einen Seite nicht
alle Mitglieder der ecclesia coniecturalis Christus anhängen, so um-
schließt andererseits diese Kirche nicht alle Christusgläubigen. Die
nämlich durch kein äußeres Zeichen offenkundig werden, bleiben
von diesem Urteil, diesem Vermutungsbegriff von Kirche voll-
ständig ausgeschlossen, wenn sie auch aus innerer Wahrheit in Christi
Kirche leben. ■— Und dennoch handelt es sich hier in dem dieser
Welt angepaßten eingeschränkten Seins- und Erkenntnissinn um
wahre Kirche; und sie darf in ihr entsprechendem vermutungs-
haftem Urteil als heilige Kirche und gemäß der Bedingtheit dieses
sinnengebundenen Lebens als aufs beste begründet bezeichnet wer-
den. Heilig nennen wir sie, obwohl offensichtlich Bösewichte und
Heuchler sich unter Zeichen des Heiligen unter sie mischen, und,
welche Zeichen wirklich Heiligkeit künden, nur die Vermutung
berührt. Und der im Fleische wandelnde Christus gründete eben
diese Kirche auf Petrus und die übrigen Apostel, obgleich Petrus
seinen Herrn verleugnen konnte, obgleich unter den zwölf Aposteln
der Verräter war. Daher läßt Christus, der versprach, bis ans Ende
der Zeiten bei seiner Kirche zu bleiben und sie zu schützen, auch
 
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