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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0065
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CusanuS-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Cues. 55

schickt, so wäre dies früher nicht zugelassen worden. Hier sollte
die Wiederherstellung der alten Ordnung zuerst einsetzen. Doch
weil die Änderungen im Wahlwesen durch lange Billigung ein-
geführt wurden, sind sie in Hinsicht auf das Heil der Seelen so-
lange gültig, wie sie geduldet werden. Sie können aber durch ein
allgemeines Konzil ausgemerzt werden, und das verlangt die not-
wendige Wiederherstellung der Ordnung, die Reformation. Den
Papst wählen die Kardinäle im Namen der gesamten Kirche. Auf
sie als die entsandten Vertreter aller Kirchengebiete ist die schwei-
gende oder ausgesprochene Zustimmung aller zur Papstwahl über-
tragen worden, so daß durch ihre Wahl auch ohne Bestätigung der
Gewählte Papst ist und die gesamte Kirche sich dem Erwählten
unterordnet. Ehrwürdig und verdientermaßen wie der Bischofssitz
von Rom in der ersten und führenden Stellung steht, so wäre der
Bischof von Rom doch nicht der Vorsteher aller übrigen und erster
Führer und Richter der Kirche, wenn nicht durch solche Wahl die
Unterordnung aller erfolgte. Wenn z. B. möglicherweise der Erz-
bischof von Trier durch die versammelte Kirche zum Vorsteher und
Haupt gewählt würde, so wäre dieser, da die Nachfolge in der
Führerschaft sich nicht von einem bestimmten Orte her beweist,
eigentlicher der Nachfolger des heiligen Petrus als der römische
Bischof. Die durch die Wahl gegebene Verwaltungsgewalt und die
mit ihr übergebene Rechtsgewalt — wie dies entsprechend auch bei
den übrigen Wahlen zutrifft — machen den Erwählten zum Papst.
Die göttliche Macht kommt bevollmächtigend und bestätigend hin-
zu. — So ist kirchliche Vorstandschaft, jede Amtsführung
kirchlicher Verwaltung im Unten und Oben verwurzelt. Von
unten stammt die Wahl und die Zustimmung, durch welche die
Verwaltungsgewalt gegeben und die kirchliche Rechtsgewalt über-
geben wird; die Obgeordnetheit der Verwaltung wird teils durch
die sich unterordnende Zustimmung erst aufgerichtet. Damit wird
die Seele, das Priestertum, aus der Möglichkeit, wie sie dem Körper-
lichen, der menschlichen Natur, eigen, zum Bestehen herausgeführt.
D. h. von unten, vom Volk der Gläubigen her, fließt dem Priester-
tum die hervorführende, emporbewegende Wachstumskraft und
sinnenverbundene, sinnlich erfahrbare Gewalt zu, wie sie aus der
Möglichkeit des Leibes der Untergeordneten durch dessen freie
Unterordnung entwickelt und gegeben wird. Doch ist es nicht so,
als ob die Vorstandsgewalt, die im geistlichen Vorsteher umschlos-
sen wird, gänzlich vom Volke aus seinen Ursprung nehme. Die geist-
 
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