Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Gues. 65
kündet wurde, dann habe, so lesen wir, das allgemeine Konzil wegen
der nahekommenden Vertretung der ganzen Kirche und wegen der
Zustimmung aller Gläubigen, die durch die Abgesandten und Ver-
treter zustande kommt, niemals geirrt. Solch ein Beschluß, so fol-
gert man, sei durch Christi Beistand und unter Eingebung des hei-
ligen Geistes wahr und unfehlbar. In einem Urteil, das auf die
Wohlfahrt der ganzen Kirche abzielt, kann ja diese Gesamtkirche
nicht irren. Denn wenn die gesamte allgemeine Kirche durch Christi
Beistand unfehlbar geleitet wird, dann folgt aus dem Zusammen-
kommen der Zubilligung aller Christen zu einem Beschluß, der sich
auf Heilsnotwendiges bezieht, auch notwendig, daß er christlich,
gläubig und wahr sei. Alle Teilsynoden jedoch wie auch die römi-
schen Bischöfe haben das Vorrecht solcher für Menschen höchsten
Unfehlbarkeit nicht.
Steht nun jedes Teilkonzil unter der Leitung seines einberufen-
den Vorstehers, und ist doch dieses Haupt der Konzilsganzheit
untergeordnet, so ist jedoch jedes Teilkonzil, auch ein volles Patri-
archalkonzil, dem Papste, dem Ersten aller Einzelnen, untergeord-
net, und jedes seiner ihm unterstehenden Teilkonzile hat unter
gleichen den Vorrang. In allem aber, was das in rechter Einung
versammelte allgemeine Konzil entscheidet, mag es auch in sich
selbst im Hinblick auf seine Urteile Abstufungen haben, ist es den-
noch in seiner Entscheidungskraft stets mächtiger und von gerin-
gerer frrbarkeit, d. h. mehr der Unfehlbarkeit angenähert, als
irgendein einzelner Mensch — und sei dies der Papst, der ja die
allgemeine Kirche nur ganz verworren darstellt — und dessen Ur-
teil. Somit besitzt das allgemeine Konzil, das seine verpflichtende
Kraft von Christus hat, und das die Gesamtkirche darstellt, als
diese Ganzheitsvertretung eine höhere Machtbefugnis und größere
Gewalt als der Papst. Wie die Einheit, die allgemeine Kirche, so
steht auch deren allgemeine Vertretung im allgemeinen Konzil über
allen einzelnen Gliedern, auch über ihrem ersten Verwalter und Vor-
sitzenden der Einzelnen. Über alle Einzelnen, auch über den Papst,
hat es gewalthabende und richtende Vorrangschaft. Frühere römi-
sche Bischöfe waren so demütig, sich auf Synoden zu rechtfertigen
und zu reinigen, sich ausdrücklich allen in seinen Bestimmungen,
den Kirchengesetzen, ausgesprochenen Strafen verfallen zu erklä-
ren, wenn sie nicht bei dem blieben, wozu ihnen Amt und Macht
übertragen worden war. —
Von alters her gab der Papst das Versprechen, daß er die Be-
5 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 3. Abh.
kündet wurde, dann habe, so lesen wir, das allgemeine Konzil wegen
der nahekommenden Vertretung der ganzen Kirche und wegen der
Zustimmung aller Gläubigen, die durch die Abgesandten und Ver-
treter zustande kommt, niemals geirrt. Solch ein Beschluß, so fol-
gert man, sei durch Christi Beistand und unter Eingebung des hei-
ligen Geistes wahr und unfehlbar. In einem Urteil, das auf die
Wohlfahrt der ganzen Kirche abzielt, kann ja diese Gesamtkirche
nicht irren. Denn wenn die gesamte allgemeine Kirche durch Christi
Beistand unfehlbar geleitet wird, dann folgt aus dem Zusammen-
kommen der Zubilligung aller Christen zu einem Beschluß, der sich
auf Heilsnotwendiges bezieht, auch notwendig, daß er christlich,
gläubig und wahr sei. Alle Teilsynoden jedoch wie auch die römi-
schen Bischöfe haben das Vorrecht solcher für Menschen höchsten
Unfehlbarkeit nicht.
Steht nun jedes Teilkonzil unter der Leitung seines einberufen-
den Vorstehers, und ist doch dieses Haupt der Konzilsganzheit
untergeordnet, so ist jedoch jedes Teilkonzil, auch ein volles Patri-
archalkonzil, dem Papste, dem Ersten aller Einzelnen, untergeord-
net, und jedes seiner ihm unterstehenden Teilkonzile hat unter
gleichen den Vorrang. In allem aber, was das in rechter Einung
versammelte allgemeine Konzil entscheidet, mag es auch in sich
selbst im Hinblick auf seine Urteile Abstufungen haben, ist es den-
noch in seiner Entscheidungskraft stets mächtiger und von gerin-
gerer frrbarkeit, d. h. mehr der Unfehlbarkeit angenähert, als
irgendein einzelner Mensch — und sei dies der Papst, der ja die
allgemeine Kirche nur ganz verworren darstellt — und dessen Ur-
teil. Somit besitzt das allgemeine Konzil, das seine verpflichtende
Kraft von Christus hat, und das die Gesamtkirche darstellt, als
diese Ganzheitsvertretung eine höhere Machtbefugnis und größere
Gewalt als der Papst. Wie die Einheit, die allgemeine Kirche, so
steht auch deren allgemeine Vertretung im allgemeinen Konzil über
allen einzelnen Gliedern, auch über ihrem ersten Verwalter und Vor-
sitzenden der Einzelnen. Über alle Einzelnen, auch über den Papst,
hat es gewalthabende und richtende Vorrangschaft. Frühere römi-
sche Bischöfe waren so demütig, sich auf Synoden zu rechtfertigen
und zu reinigen, sich ausdrücklich allen in seinen Bestimmungen,
den Kirchengesetzen, ausgesprochenen Strafen verfallen zu erklä-
ren, wenn sie nicht bei dem blieben, wozu ihnen Amt und Macht
übertragen worden war. —
Von alters her gab der Papst das Versprechen, daß er die Be-
5 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 3. Abh.