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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0091
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Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Cues. 81

alles ist im König als in der öffentlichen und allgemeinen Person,
in der alles, was im Staat sein kann, als er selbst Wirklichkeit ist.
So kommt alles von ihm her, was sowohl Sein wie Namen im Staat
besitzt. Und werden in der Macht des Herrschers alle Würden
und Ämter des Staates umfaßt, so soll auch alles in der Weise aus-
gefaltet werden und da sein, daß es seinem Begriffe von den Dingen
angegiichen, gleichförmig sei. In einem Beispiel nennt Aristoteles
treffend denjenigen den Fürsten und ersten Führer, auf den das
ganze Heer als gleichsam auf den zweckhaften Mittelpunkt hin-
geordnet ist, und von dem es auch alles hat, was es ist. Entspre-
chend bat jeder und jedes, der ganze Staat, Bestand durch den
König, ist alles auf ihn hin ausgerichtet, wird alles durch ihn ge-
lenkt und im Sein erhalten. Der König muß gleichsam ein Zither-
spieler sein, der es gut versteht, in den verschiedenen Saiten die
Harmonie zu wahren. Und er darf weder die höheren noch die
niederen Saiten zu straff oder zu locker spannen. So hat unter
seiner Beherrschung in Übereinstimmung und Zusammenklang aller
die allgemeine Eintracht widerzuhallen58.
Gemäß der Forderungen, die an einen guten Fürsten gestellt
werden, muß jedes Gesetz gesundem Denkvermögen gemäß und
erfüllbar sein, muß es der Volksgemeinde des Landes, dem beson-
deren Landesgebiet und Volksteil und der Zeit, dem allgemeinen
Entwicklungsgrade entsprechen. Und das allein ist ein gutes Ge-
setz, das aus der Liebe hervorgeht, und je mehr es von der Liebe
bestimmt ist, desto besser ist es. Auch Veränderungen sowohl im
göttlichen wie im menschlichen Gesetz erfolgen, wie es dem Nutzen
der Zeit angepaßt ist, und sie werden letztlich alle durch ein und
denselben und auf ein und denselben Endzweck hin bestimmt. -
Doch die Gesetze gehen nicht allein vom Herrscher aus; sind sie
doch als allen und für alle gemeinsame Gesetze in besonderer Weise
das Mittel, Vorstandschaft und Unterordnung zum Einklang zu
bringen, wie sie ganz allgemein für alle dazu Mittel sind, von Zeit
zu Ewigkeit zu führen, gleich ob es sich dabei um Kirchengesetze
oder Reichsgesetze, um göttliche oder um solche Gesetze handelt,
die bei allgemeiner Zustimmung rein vernünftig-menschlich aus-
gesprochen wurden. Was alle berührt, soll von allen gebilligt wer-
den, und eine allgemeine Bestimmung wird nur aus der Zustim-
mung aller oder des größten Teiles aus dem Vernunftgrunde
hervorgewonnen. Die meisten Menschen sehen als Notwendigkeit
ein, dem allgemeinen Nutzen alle Festigkeit zu geben, auf daß er
6 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1938/39. 3. Abh.
 
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