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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0092
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Elisabeth Bohnenstädt:

in Ordnung gewahrt werde, und daß hierzu durch Zustimmung
aller, zum mindesten der groß und tapfer Gesinnten — während
die übrigen sie hierin tragen und begünstigen —, die Gesetze fest-
gelegt werden. Wie nach Christi Versprechen der größere Teil der
Priesterschaft nicht vom wahren Gesetze ab weicht — z. B. wenn
die allgemeine Synode der Priesterschaft sich nach Weise eines
allgemeinen Staatskonzils versammelt —, so wird gleicherweise,
wenn unter allgemeiner Zustimmung die Angelegenheiten für Er-
halt und Wahrung des Staates behandelt werden, der größere Teil
der Bürgerschaft oder doch der groß und tapfer Gesinnten in dem
der Zeit Nützlichen nicht vom rechten Wege abweichen. Weil der
Mensch ein zu Gesittung und Vergemeinschaftung angelegtes Lebe-
wesen ist, daher ist der kraftvollere Teil stets für Erhalt des Ge-
meinwesens. Anderenfalls wäre es ja dazu gekommen, daß das ur-
sprünglich mitgegebene Erhaltungsstreben zunichte geworden wäre
und täusche. — Aus der sich unterordnenden Übereinstimmung
geht die Geltungskraft des Gesetzes hervor. Wenn ein Gesetz
aus Übereinstimmung, Annahme und Gebrauch gebilligt wird, er-
steht aus solcher Annahme einer jeden Verfügung Festigkeit. In
welchem Maße die bindende Kraft des Gesetzes aus der sich unter-
ordnenden Übereinstimmung und Eintracht derer Bestand hat, die
durch es gebunden worden, erfaßt jeder leicht, der auf die bin-
denden Kräfte der Gewohnheit, des Gewohnheitsrechtes achtet, das
nur durch den Gebrauch eingeführt wurde. So verehren wir das
durch Üblichkeit und Herkommen Eingeführte, auch wo wir nicht
wissen, ob irgendeines gesetzesgrünclende Gewalt besitzenden Für-
sten Zustimmung hinzugekommen war, oder ob, selbst wenn die
Geltungskraft teilweise von schweigender erlaubender Zustimmung
des Oberen abhing, der Anfang der Geltungskraft nicht doch seinen
Ausgang rein von Gebrauch und Üblichkeit, ohne vorausgehende
Zustimmung, herleitete. Und weil allgemein ein Gesetz nicht der
Lebensgewohnheit des in einem Lande lebenden Volkes entgegen-
stehen darf, können wir eine Vorschrift, die nicht durch Übung
und Gebrauch des lebenden Geschlechts angenommen wird, nicht
Gesetz nennen, es sei in irgendeinem beliebigen bürgerlichen oder
kirchengesetzlichen Bechtsbezirk. Wenn daher Brauch und Aus-
übung zur Billigung der Gesetze gefordert wird, kann auch nicht
mit Hecht auf Grund eines neuen, noch nicht durch Herkommen
gebilligten und durch Gebrauch angenommenen Gesetzes ein An-
geklagter verurteilt werden. — Keiner wird zur Beobachtung eines
 
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