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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0109
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Cusanus-Studien: III. Kirche u. Reich i. Schrifttum des Nikolaus von Gues. 99

das Königtum in dieser Welt durch Verwalter; er sitzt selbst
herrscherlich vor in der Höhe, im Himmel, das bedeutet im Lebens-
raum der Unvergänglichkeit68.
In der Verbundenheit königlich erhabenen Herrschertums mit
Gott, seiner Angenähertheit zu ihm, das sagt: im Anteilnehmen an
Gottes absolutem Herrschertum lassen sich bei den einzelnen Herr-
schern verschiedene Abstufungen erachten, die dem Grade willent-
licher Annäherung oder Entfremdung entsprechen. Unter solchem
Betracht ist der Geringste, der sich in der allgemeinen Staats-
leitung zum wenigsten Gott angleicht, der Größte, der es in größtem
Maße versucht. Denn wenn jedes Fürsten allgemeine Sorge für das
Gemeinwohl darin gipfelt, daß er auf Gottesfurcht und religiöse
Gläubigkeit achtet, so besteht in solchem die höchste Gewalt der
heiligen fürstlichen Herrschaft. Daher überragt der christliche
Herrscher, der christliche Kaiser, zweifelsohne die übrigen, ist
er der Größte und seine Herrschaftsgewalt die gleichsam Gott
nächste, entsprechend dem, wie unsere heiligste und reinste christ-
liche Religion in ihrer Heiligkeit und. Wahrheit clie übrigen Reli-
gionen übertrifft. Jener bat mit Recht unter den Fürsten die Vor-
rangschaft, der seine Herrschaft ganz eigentlich Christus unterstellt,
dem Sieger und Siegesfürsten, in Glaube sich diesem Christus und
seinem Gesetze unterwirft. So ist der Kaiser wahrhaft Fürst und
Herr der Welt, in dessen Gewalt alle stehen; so besitzt er wirklich
sein höchstes Vorrecht: der Verwalter Gottes auf Erden zu sein,
d. h. jener, dem Gott als seinem Vertreter auf Erden vorzustehen
befahl; und Stellvertreter Christi ist er, d. h. Darstellung, Abbild
des über alle Völker herrschenden Christus. In solcher Angeglichen-
heit an den herrschenden Christus und aus dem Glauben ist die
Herrschaft und Gewalt des Kaisers nicht nur allgemein die höchste
in der Welt, sondern im besonderen auch unter den christlichen
Fürsten. Ohne Kaiserherrschaft könnte ein höchstes religiöses
Wächtertum, das den Glauben behütet und ihm dienende Bestim-
mungen wahrt, nicht über alle Gebiete hin, nicht bei allen Völkern
und Menschen voll entfaltet werden. — Es liegt darin die Wurzel
alles dessen, was wahre Herrschaft umschließt, daß jeder Erste und
Herrschende unter Christgläubigen sich Christus dem Herr-
schenden, auf den hin er Vorbild und dessen mitarbeitender Stell-
vertreter er sein soll, abbildhaft anzugleichen suche. Er schaue
daher auf ihn, der der Herr ist und die Wahrheit schlechthin und
doch unter dem Gesetze stand, der demütig und von Herzen sanft,
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