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Bohnenstädt, Elisabeth; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 1. Abhandlung): Kirche und Reich im Schrifttum des Nikolaus von Cues — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41996#0130
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Elisabeth Bohnenstädt:

spruchartig gefaßten erkennen, daß man gern versuchte, den wesentlichen
Erziehungsgehalt einer Mystik Taulers und Eckharts und anderer gleichsam
in Samenkörnern weiterzugeben. So mochte man vielleicht noch am ersten
erfahren, daß jene gewaltigen Vorstöße in die Welt echten, strengen inner-
lichen Lebens auch für andere in etwa fruchtbar gemacht werden konnten,
dann nämlich, wenn solche Samenkörner auf geeignetes Erdreich fielen, in
besinnliche und strebende Seelen, um hier ursprünglich aui'zugeben, aus und
in eigenem Wollen und Leben sich aufzubauen.
27 Vgl. E. Hoffmann: Die Anfänge der Brüder vom gemeinsamen Leben
und die flämische Mystik, Jhrb. d. Arbeitsgem. Rheinisch. Geschichtsvereine
Bd. II 1936; zur Literatur siehe Handbuch der Kirchengeschichte Tüb. 1929,
Teil 2 (Ficker-Hermelink) S. 279/80.
28 In Ermangelung jeder andersartigen Nachricht darf man wohl der
erhaltenen, wenngleich nicht verbürgten, bedingten Glauben schenken. Die
vielleicht ursprünglichste der bisher bekannten Aussagen finden wir in der
Körte Chronyke der Stadt Deventer (1714 3. Druckaufl.), die zu 1451 berichtet,
daß in diesem Jahre Nikolaus von Cues ,,eerst een voedsterling (Ziehsohn),
namaels een weldoener der Deventersche Schoole, nu Cardinal Priester tot
Sint Pieters banden“, Deventer besucht habe. Die Vita Nicolai de Cusa von
C. Hartzheim, Trier 1730, beruft sich in Erzählung dieser wie anderer Tat-
sachen wie auch offensichtlicher Unstimmigkeiten auf eine französische, nicht
näher bezeiclmete Quelle.
29 Im folgenden gründet sich die Darlegung der Ansichten des Cusanus
über ecclesia ipsa, ecclesia coniecturalis und Imperium insbesondere auf die
Concordantia catholica (Allumfassende Eintracht), obwohl bei weitem nicht
alles einzelne Hierhergehörige aus ihr herangezogen wurde, in etwa auch auf
das übrige hierfür in Frage kommende Schrifttum, zumal recclesia ipsa’ als
die grundlegende und aufbauende Verwirklichungsnorm allen geistigen Lebens
schier das eine Grundthema der cusanischen Predigten bildet. Die Predigten
aber und die anderen Werke sollen für das Thema der ecclesia ipsa in keiner
Weise erschöpfend herangezogen und verwertet werden, sondern nur soweit,
daß es zu einer Limrißandeutung der cusanischen Auffassung von ihr
genüge. Im allgemeinen soll nicht so sehr der Philosoph in seiner grund-
erforschenden und systematischen Zusammenfassung und Klärung, in logischer
oder auch überlogischer geistig einsichtiger Schau zu Worte kommen als viel-
mehr, soweit man da trennen kann, der führenwollende Mensch in den erlebten
Fragen, Nöten, Sehnsüchten und Erfordernissen des Reiches und der Kirche
in Stunde und Ort des Tages, der ihn gerade rief. Auch möchte die Arbeit
von vornherein auf gegliederte Systematisierung von Entwicklung, Wandel
oder gar Verschiedenheit cusanischer Anschauungen verzichten, zumal diese
- wenn man alles beachtet, was etwa nur in der Conc. cath. steht — nicht
so weitgehend und scharf voneinander abzuheben sind als es vielleicht nach
mancher Spezialbetrachtung scheinen mag. Die gegebene Gliederung will nur
einer klareren Übersicht über die in den verschiedensten cusanischen S.S. ver-
streuten und auch in der Conc. cath. nicht nach ihren logischen Zusammen-
hängen aufgebauten das Thema berührenden Bemerkungen dienen. So sehr
damit eine in sich selbst abgeschlossene Betrachtung von Kirche und Staat
gegeben scheint, so läßt sich doch nicht nur an der Unvollständigkeit, Gele-
 
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