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Creutz, Rudolf; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 3. Abhandlung): Medizinisch-physikalisches Denken bei Nikolaus von Cues: und die ihm als "Glossae cardinalis" irrig zugeschriebenen medizinischen Handschriften — Heidelberg, 1939

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https://doi.org/10.11588/diglit.41998#0009
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Cusanus-Studien: IV. Medizinisch-physikalisches Denken bei Nik. v. Gues. 9

vorausschauende Sinn des genialen Mannes im 15. Jh. schon medi-
zinische Dinge durchdacht hat, die man als die ersten Bausteine
betrachten muß für die im 19. und 20. Jh. zur wissenschaftlichen
medizinischen Methode entwickelte Sphygmologie und Spirometrie.
Und das beweist, daß man zu den vielen Ehrungen mit denen die
Nachwelt das Gedenken an Gusanus auf theologischem, philo-
sophischem und juristischem Gebiete geschmückt hat, das ehrende
Prädikat des medizinisch-physikalischen Denkers hinzu-
fügen muß.
Wenn nun anderseits die medizin-geschichtliche Forschung
genötigt ist, eine Sammlung von sechs Traktaten des Cod. 222 im
Verzeichnis der Handschriften des Cusanus-Stiftes zu Kues, die
bisher als ,,Glossae Cardinalis“ dem Cardinal Cusanus zugeschrieben
wurden1, ihm abzuerkennen und dem wirklichen Verfasser zuzu-
weisen, so tut dies der wissenschaftlichen Größe des Cusanus nicht
den mindesten Abbruch. Von den 19 medizinischen Bänden der
Cusanus-Bibliothek enthalten 18 Bände zusammen 109 Traktate,
die als Schriften zahlreicher medizinischer Autoren der Antike,
der Araber, der frühesten abendländischen Medizinschulen von
Salerno und Montpellier wohl bekannt sind. Ihre Sammlung durch
Cusanus beweist von neuem, wie der rastlose Geist des großen Man-
nes bestrebt war, auch dieses fernerliegende Gebiet wenigstens im
Überblick zu erfassen. Von dem 19. Bande, der heute die Nummer
222 trägt, muß zugegeben werden, daß die irrige Zuschreibung an
Cusanus durch die einzelnen Traktatsbezeichnungen wie ,,Glosa
Cardinalis super Johannitium“, ,,Glosule Cardinalis supra tegni“,
,,Glosa Cardinalis supra amphorismos Ypocratis“ leicht erfolgen
konnte, zumal der Band 222, ungleich vielen anderen Bänden,
auf seinem Lederrücken mit dem Wappen des Kardinals (Krebs
und Kardinalshut) geschmückt ist. Aber die Geschichte der Medi-
zin ist verpflichtet einer Legendenbildung, mag sie noch so pietät-
voll sein, eine Ende zu bereiten durch den Nachweis, daß der in
Frage kommende „Cardinalis“ ein Magister Cardinalis ist, der in
der ersten Hälfte des 13. Jh. an der frühesten französischen Medizin-
schule Montpellier (Montepessulanum) Medizin lehrte. Von diesem
südfranzösischen Arzte, der sehr wahrscheinlich wie auch eine
Reihe von salernitanischen Meistern Arzt und Theologe war, sind
zwar eine Reihe von Handschriften in deutschem, englischem,
1 Vgl. J. Marx, Verzeichnis der Handschr.-Sammlung des Hospitals zu
Cues, Trier 1905, S. 219, „Nicolai Cusani Opera medicinalia“.
 
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