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Nikolaus [Hrsg.]; Koch, Josef [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1938/39, 4. Abhandlung): Die Auslegung des Vaterunsers in vier Predigten — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.41999#0115
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LXXI. Bin kurcze 1er vnd auflegung (n. 21—23).

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dert, ja tausend an, und es wird dadurch nicht weniger, wieviel
man auch von ihm nimmt.
22. Nun wollen wir von dem leiblichen Brot reden. Gib uns
heute unser tägliches Brot. Wir sind (alle) Glieder Christi, ob
nun einer Papst, Kaiser oder König ist, er sei reich oder arm. Das
Brot ist unser, wir alle sind Kinder Gottes; und was wir haben,
das haben wir von Gott, der unser aller Vater ist. Wer also mehr
von Gott empfangen hat, als er zu seinem Stand bedarf, und es
den Armen und Bedürftigen vorenthält, die doch rechtmäßige
Erben dieses Gutes vor Gott sind, dem enthältst du das Seine vor
und bist ein Räuber. Aber du behältst es nicht lange und mußt
es doch lassen, und es läßt auch dich, und Gott gibt es vielleicht
einem anderen, der ein besserer Verwalter Gottes ist als du und
sich damit das ewige Leben verdient, während du wegen deiner
Habgier ewig brennen mußt. Kommt es aber in die Hand eines
bösen Menschen, der es in Sünden vertut, dann ist deine Strafe
umso größer und nimmt täglich durch jede Sünde immer mehr zu,
solange das Gut dauert.
23. Das alles gilt nur von denen, die rechtmäßig erworbenes
Gut übrig haben und es aus Habgier zurückhalten und nicht ab-
geben, so wie es der reiche Mann tat, der in der Hölle begraben
wurde. Wie geschieht aber erst denen, die ihr Gut auf Unrechte
und gewalttätige Weise, nämlich mit Stehlen, mit bösen Machen-
schaften, mit Raub oder Betrug zusammenbringen und auf diese
Weise ihren Kindern viel hinterlassen, die es ebenfalls für sich be-
halten ? Es ist zu fürchten, daß deine Kinder zusammen mit dir
bis ins dritte oder vierte Geschlecht wegen des bösen Gutes ver-
dammt werden und dir dort ewig fluchen! Ei, wie wohl hast du
dann das Gut verwaltet, das du hier mit Bosheit und Härte zu-
sammengebracht hast! Nun mußt du auch dort ewigen Jammer
mitsamt den Deinen leiden ohne Ende.

12. schaffer gots. Vgl. dazu die zu S. 70, 13 zitierte Stelle aus Sermo 121.
19. Vgl. Luc. 16, 19ff. 22.
23. Vgl. Exodus 20, 5; Num. 14, 18.

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