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Gustav Hölscher:
kann, und da der Verfasser, wie mir scheint, den Ausbruch des
Vesuvs am 24. August 79 erlebt hat (XX 144), so würde nur die
Regierungszeit des Titus in Frage kommen.
Dieser jüdische Anonymus hat für die Geschichte des Herodes
neben dem umfangreichen Werke des Nikolaos noch eine zweite
Hauptquelle benutzt, eine Biographie des Herodes, deren Ver-
fasser aller Wahrscheinlichkeit nach Ptolemaios von Askalon ist,
der seinerseits die eigenen Hypomnemata des Herodes benutzte.
Eine Vergleichung der aus Nikolaos geschöpften Stücke der Archä-
ologie mit der Darstellung des Polemos zeigt die durchgängig
tendenziöse Verfärbung, in der die Geschichte des Herodes in der
Archäologie vorliegt. Aus derselben Vorlage wie diese beiden
Hauptquellen stammt noch eine Fülle anderen, für die Zeit des
Herodes und des Archelaos verwerteten Stoffes: einerseits ver-
schiedene römische Urkunden, andererseits allerlei jüdische, meist
anekdotische Legenden, die, wie ihre Seitenstücke in der rabbini-
schen Überlieferung zeigen, auf mündliche jüdische Tradition
zurückgehen, und endlich die fortlaufende Reihe der Hohenpriester-
namen, die hier untersucht werden soll. Die Untersuchung ergibt,
daß diese Hohenpriesternamen nicht aus den beiden historischen
Hauptquellen stammen. Daß auch ihre Einfügung bereits auf den
Anonymus zurückgeht, erkennt man an dem kritischen Urteil über
Herodes, der statt der berechtigten επίσημοι einen ιερέα των άσημο-
τέρων, Ananel aus Babylonien, zum Hohenpriester einsetzt (XV
22)1; auf denselben priesterlichen Aristokraten weist die Bezeich-
nung des Simon als άδοξότερος (XV 322), die im Widerspruch zu
der Quellennachricht XV 320 ίερεύς έν τοις γνωρίμοις steht.
Die Benutzung des Ptolemaios hört mit Herodes auf, die des
Nikolaos mit der Absetzung des Archelaos im Jahre 6 n. Chr.,
d. h. mit Buch XVII. Infolgedessen lockert sich nun der bis dahin
ziemlich straffe Faden der Erzählung. An die Stelle der bisherigen
geschlossenen, oft episch breiten und chronologisch zumeist gut-
geordneten Darstellung tritt eine Menge von Einzelgeschichten und
Einzelnotizen. Die Darstellung wird ungleichmäßig, bald unver-
hältnismäßig ausführlich, und zwar an Stellen, die, wie z. B. die
Erzählung vom Tode des Tiberius und der Thronbesteigung des
1 Im Widerspruch dazu stehen die wohl von der Hand des Josephus
zugefügten Sätze, welche von dem αρχιερατικόν γένος des Ananel reden
(XV 40), die übrigens auch der Angabe XX 235, daß Antiochos Eupator
zuerst einen Hohenpriester abgesetzt habe, widersprechen (XV 41).
Gustav Hölscher:
kann, und da der Verfasser, wie mir scheint, den Ausbruch des
Vesuvs am 24. August 79 erlebt hat (XX 144), so würde nur die
Regierungszeit des Titus in Frage kommen.
Dieser jüdische Anonymus hat für die Geschichte des Herodes
neben dem umfangreichen Werke des Nikolaos noch eine zweite
Hauptquelle benutzt, eine Biographie des Herodes, deren Ver-
fasser aller Wahrscheinlichkeit nach Ptolemaios von Askalon ist,
der seinerseits die eigenen Hypomnemata des Herodes benutzte.
Eine Vergleichung der aus Nikolaos geschöpften Stücke der Archä-
ologie mit der Darstellung des Polemos zeigt die durchgängig
tendenziöse Verfärbung, in der die Geschichte des Herodes in der
Archäologie vorliegt. Aus derselben Vorlage wie diese beiden
Hauptquellen stammt noch eine Fülle anderen, für die Zeit des
Herodes und des Archelaos verwerteten Stoffes: einerseits ver-
schiedene römische Urkunden, andererseits allerlei jüdische, meist
anekdotische Legenden, die, wie ihre Seitenstücke in der rabbini-
schen Überlieferung zeigen, auf mündliche jüdische Tradition
zurückgehen, und endlich die fortlaufende Reihe der Hohenpriester-
namen, die hier untersucht werden soll. Die Untersuchung ergibt,
daß diese Hohenpriesternamen nicht aus den beiden historischen
Hauptquellen stammen. Daß auch ihre Einfügung bereits auf den
Anonymus zurückgeht, erkennt man an dem kritischen Urteil über
Herodes, der statt der berechtigten επίσημοι einen ιερέα των άσημο-
τέρων, Ananel aus Babylonien, zum Hohenpriester einsetzt (XV
22)1; auf denselben priesterlichen Aristokraten weist die Bezeich-
nung des Simon als άδοξότερος (XV 322), die im Widerspruch zu
der Quellennachricht XV 320 ίερεύς έν τοις γνωρίμοις steht.
Die Benutzung des Ptolemaios hört mit Herodes auf, die des
Nikolaos mit der Absetzung des Archelaos im Jahre 6 n. Chr.,
d. h. mit Buch XVII. Infolgedessen lockert sich nun der bis dahin
ziemlich straffe Faden der Erzählung. An die Stelle der bisherigen
geschlossenen, oft episch breiten und chronologisch zumeist gut-
geordneten Darstellung tritt eine Menge von Einzelgeschichten und
Einzelnotizen. Die Darstellung wird ungleichmäßig, bald unver-
hältnismäßig ausführlich, und zwar an Stellen, die, wie z. B. die
Erzählung vom Tode des Tiberius und der Thronbesteigung des
1 Im Widerspruch dazu stehen die wohl von der Hand des Josephus
zugefügten Sätze, welche von dem αρχιερατικόν γένος des Ananel reden
(XV 40), die übrigens auch der Angabe XX 235, daß Antiochos Eupator
zuerst einen Hohenpriester abgesetzt habe, widersprechen (XV 41).