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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1939/40, 3. Abhandlung): Die Hohenpriesterliste bei Josephus und die evangelische Chronologie — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.42019#0008
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Gustav Hölscher:

dem Tempelarchiv stammen könnte. Listen der Priester, speziell
der Hohenpriester, wurden seit alters im Tempelarchiv aufbewahrt1.
Für einen solchen offiziellen Ursprung spricht, daß die regelmäßigen
Angaben über Ein- und Absetzung eine zusammenhängende und
vollständige Folge der Hohenpriester geben wollen. Das könnte
allerdings nicht der Fall sein, wenn es sonst zuverlässige Zeugnisse
über amtierende Hohepriester dieser Zeit gäbe, die in unserer Liste
fehlen. Aber das ist nicht der Fall. Der Hohepriester Ismael, der
III 320 aus der Zeit des Claudius erwähnt wird, ist schwerlich ein
anderer als der jüngere Ismael, der Sohn des Phiabi, in unserer
Liste (s. u.). Wo sonst gelegentlich bei Josephus oder in der
Apostelgeschichte Hohepriester mit Namen genannt sind, handelt
es sich um eine Ausdehnung der Bezeichnung Hoherpriester auf die
gesamten Mitglieder der hohenpriesterlichen Familien2, wie sie auch
sonst vorkommt. So nennt bell. II 566 Ίησοΰν υιόν Σαπφα (Σαπφία)
των άρχιερέων ενα; vita 197 wird ein Σίμων έξ άρχιερέων erwähnt,
und bell. IV 574 nennt τον άρχιερέα. ΜατΑίαν, welcher V 527 ΒοηΤοΰ
παΐς .... έκ των άρχιερέων heißt. Ebenso werden AG 19, 14 τινές
Σκευά ’ Ιουδαίου άρχιερέως έπτά υιοί erwähnt, die zu Ephesus Be-
schwörungen im Namen Jesu vornehmen. Daß es sich hier um
jenen erweiterten Sprachgebrauch handelt, wird durch Stellen wie
bell. VI 114 über allen Zweifel gehoben. Daneben kennt bekannt-
lich auch die talmudische Überlieferung verschiedene Namen von
Hohenpriestern, die in unserer Liste fehlen3, so einen Issakar aus
Kephar Barkai (b. Pesachim 57 a), den Derenbourg in den Anfang
der Regierung Agrippas I. setzt, und einen Elieser, den Sohn des
Charsom (b. Joma 35 b), den Derenbourg in die Jahre 48—59 da-
tiert. Wie wenig Vertrauen diese Nachrichten verdienen, würde
allein eine Notiz wie b. Joma 9a zeigen, wo es heißt: „Rabbi
Jochanan sagt: Auf welche Zeit bezieht sich das Wort (Prov. 10,
27): die Furcht Gottes verlängert das Leben? Auf die Zeit des
ersten Tempels, der 410 Jahre bestand und an dem 18 Hohe-
priester im Amte waren. Und auf welche Zeit beziehen sich die
anderen Worte: und die Jahre der Gottlosen werden verkürzt?
Auf die Zeit des zweiten Tempels, der 420 Jahre bestand und an
dem mehr als 300 Hohepriester Dienst taten. Denn wenn man
1 Vgl. vita 6; c. Ap. I 36, auch schon Esr 2, Neh 7. 12.
2 Schürer in Studien und Kritiken, 1872, 637ff.
3 Das Material findet sich bei Derenbourg, Essai sur l’histoire et la
geographie de la Palestine, 1867.
 
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