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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1939/40, 3. Abhandlung): Die Hohenpriesterliste bei Josephus und die evangelische Chronologie — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.42019#0020
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20

Gustav Hölscher:

der Absetzung des Jesus, des Sohnes des Σεε, unter dem Eindruck
von XVIII 3 von einer zweiten Absetzung Joasars spricht; ähn-
liches ist ihm schon vorher bei dem älteren Jesus, dem Sohne
des Phiabi, passiert.
Manchmal ist das Verfahren der Ab- und Einsetzung etwas
summarisch, so bei Valerius Gratus, der in seiner elfjährigen Amts-
zeit vier Hohepriester einsetzt. In anderen Fällen drängen sich die
Ab- und Einsetzungen in auffälliger Weise: so werden im Jahre 4
v. Chr. Simon, Matthias und Joasar abgesetzt; ebenso im Jahre 37
Kaiaphas und Jonathan.
Gründe für die Absetzung werden entweder überhaupt nicht
gegeben oder, wo sie gegeben werden, stimmen sie nicht recht zu
der umgebenden Geschichtserzählung. Simon, der Sohn des Boe-
thos, wird im Jahre 5 v. Chr. abgesetzt, weil seine Tochter (so
nach Nikolaos bell. 1 599 f.) Mitwisserin der Anschläge Antipaters
ist; sein Nachfolger aber wird Matthias, der als Schwager Joasars
XVII 164 ein naher Verwandter Simons ist. Matthias aber wird
alsbald wieder abgesetzt, weil er an dem Aufstande gegen Herodes
mitschuldig gewesen sein soll, wovon die Geschichtserzählung (Ni-
kolaos) nichts weiß, die vielmehr zwei Schriftgelehrte Judas und
Matthias als Führer des Aufstandes kennt (bell. II 648 ant. XVII
149ff.). Sein Nachfolger wird Joasar, aber auch er wird noch im
selben Jahre durch Archelaos wieder abgesetzt, und zwar wegen
Parteinahme für die Aufständischen (XVII 339), obwohl gerade die
Aufständischen es waren, die die Absetzung des Hohenpriesters
verlangt hatten (bell. II 7 ant. XVII 207 nach Nikolaos). Nach
zwei Zwischenregierungen des Eleasar, des Sohnes des Boethos, und
des Jesus, des Sohnes des Σεε, dessen Absetzung nicht mitgeteilt
wird, taucht dann Joasar XVIII 3. im Jahre 6 n. Chr. unvermittelt
nochmals auf, wird aber durch Quirinius sofort im selben Jahre
wieder abgesetzt, weil die Menge ihn angefeindet habe (XVIII 26),
obwohl gerade er sich kurz vorher dem Quirinius nützlich erwiesen
hat, indem er die Menge für die Schatzung des Quirinius günstig
stimmte (XVIII 3).
Dazu kommt noch die auffällige Verdoppelung der Amtszeit
sowohl bei Ananel als bei Joasar, die vermutlich durch Kontamina-
tion verschiedener Quellen verursacht ist.
All das zeigt, daß die Chronologie der Hohenpriester in der
Zeit vor Agrippa I. nicht unverdächtig ist, und dieser Eindruck
verstärkt sich, wenn man damit die Zeit von Agrippa I. ab ver-
 
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