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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1939/40, 3. Abhandlung): Die Hohenpriesterliste bei Josephus und die evangelische Chronologie — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.42019#0023
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Die Hohenpriesterliste bei Josephus und die evangelische Chronologie 23
liehen Geschlechter, bei denen für Ιωάννης mit Cod. D. vielleicht
ΊωνάΤας zu lesen ist1, also wohl der spätere Hohepriester dieses
Namens, der Sohn des Annas (vgl. Josephus, ant. XVIII 95. 123)
gemeint ist. Daß Kaiaphas an all diesen lukanischen Stellen inter-
poliert ist, scheint auch durch AG 5, 17 bestätigt zu werden. Der
überlieferte Text ist unmöglich: Άναστάς δέ 6 άρχιερεύς καί πάντες
οί σύν αύτω, ή ούσα α'όρεσις των Σαδδουκαίων, έπλήσ-θησαν ζήλου.
Wellhausen bemerkt dazu2: man erhebt sich um zu reden oder
um irgend etwas anderes zu tun, aber nicht um voll Leidenschaft
zu werden3. Er korrigiert deshalb das sinnlose άναστάς mit Blass
in vΑννας. Erst Matthäus (26, 3. 57), und wie sich zeigen wird, er
allein nennt den Hohenpriester, vor dem das Verhör Jesu statt-
findet, Kaiaphas.
Im Texte des Johannesevangeliums 18, 12 ff. treten beim Ver-
hör Jesu merkwürdigerweise beide Hohenpriester, Annas und Kaia-
phas, nacheinander in Aktion. Aber Kaiaphas ist, wie wiederum
Wellhausen zuerst erkannt hat4, der Vorlage des Evangelisten
fremd. Jesus wird nach seiner Gefangennahme ,,zuerst“ zu Annas
geführt; ,,denn er war der Schwiegervater des Kaiaphas, welcher
der Hohepriester jenes Jahres war; Kaiaphas war es, der den
Juden geraten hatte, es sei besser, daß ein Mensch für das Volk
sterbe“. Schon 11, 49—52 heißt es: ,,Einer aber von ihnen, Kaia-
phas, welcher der Hohepriester jenes Jahres war, sprach zu ihnen:
ihr wißt nichts, bedenkt auch nicht, daß es besser ist, daß ein
Mensch für das Volk sterbe und nicht das ganze Volk zugrunde
gehe. Dies sagte er aber nicht von sich selbst, vielmehr weissagte
er, weil er der Hohepriester jenes Jahres war, daß Jesus für das
Volk sterben werde, und nicht nur für das Volk, sondern damit
er auch die zerstreuten Kinder Gottes zusammenbrächte.“ Trotz-
dem ist es nicht Kaiaphas, der 18, 19·—23 das Verhör Jesu vor-
nimmt, sondern Annas. Dieser schickt 18, 24 Jesus zu Kaiaphas,
vor dem jedoch gar kein Verhör stattfindet; man führt Jesus
sofort weiter zum Prätorium (18, 28). Das Verhör vor Annas hätte
keinen Sinn, wenn es nicht das offizielle Verhör wäre; wäre das
1 So Ed. Meyer, a.a.O.
2 Wellhausen, Apostelgeschichte, 1914, 10.
3 H. J. Holtzmann (HG zur Stelle) meint, mit άναστάς werde der
Moment bezeichnet, da der Hohepriester sich in Tätigkeit setze. Holtzmann
scheint das als Hebraismus aufzufassen, was aber ohne Beleg ist.
4 WellhauseN, Ev. Joh., 1908, 54. 81; Apostelgesch., 1914, 8.
 
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