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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1939/40, 3. Abhandlung): Die Hohenpriesterliste bei Josephus und die evangelische Chronologie — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.42019#0026
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Gustav Hölscher:

um so mehr, als Paulus damals bereits auf seiner zweiten Missions-
reise war, die er spätestens 48 (vielleicht schon 47) antrat.
Die Bekehrung des Paulus fällt also unter Voraussetzung der
Jahresangaben von Gal. 1, 18ff. 15—16 Jahre vor das Apostel-
konzil, d. h. in das Jahr 28/29 oder 27/28.
Bis in das Jahr 27/28 hinaufzugehen, empfiehlt sich durch die
Erzählung von der Bekehrung des Paulus AG 9; sie setzt voraus,
daß die christliche Botschaft damals schon bis Damaskus gedrun-
gen war und unter der dortigen Judenschaft Anhänger gewonnen
hatte. An einer sehr schnellen Ausbreitung der christlichen Ver-
kündigung ist an sich kein Anstoß zu nehmen; immerhin macht
dies eine Datierung des Todes Jesu erst auf Ostern 28 unwahr-
scheinlich, führt vielmehr auf Ostern 27 als das wahrscheinlichste
Datum des Todes Jesu.
Damit kommen wir in das erste Amtsjahr des Pilatus. Über
die Unruhen dieses ersten Amtsjahres sind wir durch Josephus bell.
II 169·—177 ant. XVIII 55—62 unterrichtet. Mit diesen Unruhen
fällt also die Wallfahrt Jesu und seiner galiläischen Anhänger nach
Jerusalem und die Kreuzigung Jesu durch Pilatus zeitlich zu-
sammen.
Auf Ostern 27 weist, falls man auf diese Stelle Gewicht legen
will, auch Joh. 2, 20. Als Jesus zum ersten Male in Jerusalem
auftritt, werfen ihm die Juden vor, daß er den Tempel in drei
Tagen aufbauen wolle, während doch der Tempelbau 46 Jahre
gedauert habe. Eduard Schwartz1 hat das auf den Tempel
Serubbabels beziehen wollen. Einleuchtender ist, daß die Juden
den Tempel des Herodes meinen, an dem bis dahin 46 Jahre ge-
baut worden sei. Der Anfang des herodianischen Tempelbaus fiel
in den Winter 20 oder den Anfang 19 v. Ghr. Das Osterfest von
Joh. 2, 20 wäre also gleichfalls das des Jahres2 27.
Auch die Angabe Luk. 3, 23, daß Jesus bei seinem Auftreten
„ungefähr dreißig Jahre“ alt gewesen sei, ließe sich in diesem
Rahmen verstehen. Sie will zwar keine genaue Altersbestimmung
sein, erlaubt aber auch keinen beliebigen Spielraum über oder
unter dreißig Jahren; sie ließe sich also vereinigen mit der Vor-
1 Göttinger Abhandl. 1904 (VII 5), 7—8.
2 Nach Schürer, I Anm. 12, führt dies, je nachdem das 46. Jahr als
laufend oder als abgelaufen betrachtet wird, auf das Passah 780 (= 27 n. Chr.)
oder 781 (= 28 n. Chr.), und er meint, letzteres sei wohl das Richtige. Wes-
halb er dieses bevorzugt, ist nicht einzusehen.
 
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