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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1939/40, 3. Abhandlung): Die Hohenpriesterliste bei Josephus und die evangelische Chronologie — Heidelberg, 1940

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https://doi.org/10.11588/diglit.42019#0027
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Die Hohenpriesterliste bei Josephus und die evangelische Chronologie. 27

aussetzung, daß Jesus unter Herodes dem Großen geboren wäre
(Matth. 2, 1 Luk. 1, 5. 26), also spätestens 4 v. Chr. Angenommen,
der Geburtstag Jesu fiele in dieses Jahr, so würde sein dreißigster
Geburtstag in das Jahr 27 fallen. Daß die Geburt Jesu in das
Jahr der Schatzung des Quirinus gehöre (Luk. 2, 1 —7) — die tat-
sächlich im Jahre 6 n. Chr. stattfand —, muß dann ein chrono-
logischer Irrtum des Lukas sein. Bedeutungslos für die Datierung
des Todes Jesu ist in jedem Falle Joh. 8, 57 (vgl. Irenaeus II 22,
5. 6), selbst wenn hiernach das Alter Jesu höher zu schätzen wäre,
als Lukas es tut.
Luk. 3, 1—2 datiert das Auftreten des Täufers Johannes in
das 15. Jahr des Tiberius. Die Regierungsjahre des Tiberius sind
niemals vom Jahr seiner Erhebung zum Mitregenten des Augustus
11 n. Chr. gerechnet worden. Der Regierungsantritt des Tiberius
fällt auf den 19. August 14. Rechnet man von diesem Datum an,
so dauerte sein 15. Regierungsjahr vom 19. August 28 bis zum
18. August 29. Wellhausen rechnet statt dessen vom Herbst 28
bis zum Herbst 291. Richtiger wird man für die Berechnung mit
Cichorius2 das bürgerliche (seleukidische) Jahr, nach welchem in
Syrien die Kaiserjahre bis Nerva gerechnet wurden, zugrunde
legen; dann wäre das Jahr vom 1. Oktober 27 bis zum 30. Sep-
tember 28 gemeint. Allerdings stimmt dies Datum nicht ganz zu
der Datierung des Todes Jesu auf Ostern 27, differiert aber doch
nur um ein Jahr. Woher Lukas das Datum des 15. Jahres des
Tiberius hat, läßt sich nicht kontrollieren; gegenüber den auch
sonst bei ihm nachweisbaren chronologischen Irrtümern wird seine
Angabe gegen die oben errechnete Chronologie nicht aufkommen
können.
Nach dem Wortlaut bezieht sich das Datum Luk. 3, 1 auf
das Auftreten des Täufers; aber Lukas will damit offenbar über-
haupt den Anfang der evangelischen Botschaft, auch das Auf-
treten Jesu datieren3. Nach seiner Darstellung begibt sich Jesus
sofort nach der Jordantaufe durch Johannes auf 40 Tage in die
Wüste und beginnt dann sogleich seine Verkündigung in Galiläa.
Ein neues Datum für sein Auftreten wird nicht gegeben, vielmehr
nur sein damaliges Alter genannt (3, 23). Lukas ist also der Mei-
1 Wellhausen, Ev. Lucae, 1904, 4; ebenso W. Otto (a.a.O., Sp. 181):
28/29 n. Chr.
2 ZNW XXII 1923, 17ff.; vgl. Ed. Meyer, III 205f.
3 Wellhausen, Ev. Lucae, 1904, 4; Meyer, III 206.
 
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