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Weinreich, Otto; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 1. Abhandlung): Martials Grabepigramm auf den Pantomimen Paris: XI,13 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42020#0022
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16

Otto Weinreich:

Mit dem jüngsten Beleg kommen wir von Virgils Pallas über den
Pantomimen und Bischof zum Papst. Das in hs. Überlieferung
des 7. Jhd.s aufgezeichnete Epithaph des Papstes Benedikt II
(er war 685 Papst) in der Peterskirche begann (de Rossi, Inscr.
Christ, urbis Romae II, S. 129 no. 12):
Magna tuis benedicte pater monumenta relinquis
virtutum titulos, o decus atque dolor.
Die zwei vorletzten Beispiele mildern mit prosaischer Logik das
Oxymoron decus — dolor, das Virgil selbst im zweiten Vers erläu-
tert, Silius Italicus im vorangegangenen vorbereitet hatte, wäh-
rend Martial es in knappster Sachlichkeit hinsetzt, Virgil sozu-
sagen in Inschriftstil umsetzend und hier wie bei den andern Sub-
stantiven dieses Teiles jedes schmückende Beiwort vermeidend.
Das formale Element ist damit geklärt, aber noch nicht die
Sache. Denn bei Martial geht ja decus dolor nicht auf den artifex,
sondern es heißt, 'mit Paris ist decus et dolor der römischen Bühne
bestattet’. Folglich ist dolor eine Eigenschaft seiner ars, wenn wir
logisch denken. Das besagt aber: alles ergreifende Pathos, alles
δί,’ έλέου καί φόβου Erschütternde in dem von der Tragödie zehren-
den Pantomimus ist mit ihm ins Grab gesunken. Nun erst eröffnet
sich auch der volle Wert von sales Nili, neben lusus et voluptas:
Paris war ein Meister, dem jegliche Art des Pantomimus lag, die
geistreich witzige, das Spielerische wie das tragisch Emotionale.
Anders ausgedrückt: Paris, unio scaenae, war gleichsam neuer Py-
lades und neuer Bathyll zugleich, insofern er offenbar jene beiden
Spielarten des klassischen Pantomimus beherrschte, die der ältere
Seneca meint, wenn er, den Unterschied der beiden Koryphäen
auf die kürzeste Formel bringend, erklärt (contr. 3, praef. 10):
Pylades in comoedia, Bathyllus in tragoedia1.
Man könnte, die Hendekasyllaben des Furius Bibaculus auf Cato,
den unicus Magister, sinngemäß (nicht metrisch) variierend, von
Paris sagen: en cor Bathylli, en iecur Pyladis.
Viertens: das Catullzitat in v. 6. Der fünfte Vers ent-
hielt die Umbiegung einer Virgilstelle; ihr folgt die Umdeutung
Catulls in

1 Hermes a. a. O. habe ich gezeigt, daß diese beiden Arten des Pantomi-
mus schon voraugusteisch sind; wie Martial beweist, blieben sie auch über
Bathyll-Pvlades hinaus erhalten.
 
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