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Wahle, Ernst; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 2. Abhandlung): Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen: Grenzen der frühgeschichtlichen Erkenntnis. 1 — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42021#0081
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Zur ethnischen Deutung frühgeschichtlicher Kulturprovinzen

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Ohne eine nennenswerte Vorbereitung plötzlich vorhanden, zeugen
sie von der Gestaltungskraft eines kleinen Kreises von Künstlern,
der auf Grund einiger vom Süden her zu ihm gelangter Anregun-
gen und des eigenen Könnens zum Vorbild wird1. Man kann es
freilich noch nicht wagen, von bestimmten Meistern zu sprechen,
weil die Anzahl der hierher gehörigen Fundstücke verhältnismäßig
klein ist; anderseits geht es auch nicht an, alle diese Arbeiten auf
eine einzige Werkstatt zurückzuführen, da natürlich mit einer
starken Rivalität unter den Kleinfürsten gerechnet werden muß.
Aber genügt hier nicht einstweilen die Vorstellung, daß keines-
wegs die Gesamtheit der keltischen Edelschmiede an dieser Lei-
stung beteiligt ist, sondern nur ein kleiner Teil von ihnen. Wenn
die Würdigung des Fundes von Hiddensee zu der Erkenntnis führt,
daß die Könige von Jellinge und anderen politischen Zentren der
Wikingerzeit ihre eigenen Goldschmiede hatten2, dann zeitigt also
ein ganz anderer Raum ein entsprechendes Ergebnis. Wie hier in
diesen über dem Durchschnitt stehenden Arbeiten der Künstler
begegnet, so tritt er nicht minder deutlich an der Spitze weiterer
Fundgruppen in Erscheinung. Genau so wie die norwegischen
Stabkirchen etwas durchaus Neues darstellen, das ohne Vorformen
und binnen kurzer Zeit seine Ausprägung erfahren hat3, ist es auch
mit der Anlage in Stonehenge, die man nicht als das letzte Glied
einer — tatsächlich gar nicht nachweisbaren — typologischen
Eptwicklungsreihe auffassen sollte, und die weder durch den Nach-
weis einer hölzernen Nachahmung (Woodhenge) noch durch die
Annahme mehrerer Rauperioden ihrer Einmaligkeit verlustig geht4 * 6.
Die Stabkirchen sind eine ureigene Schöpfung des spätwikingischen
Nordens, doch die Einheitlichkeit ihrer Rauweise macht es bis
heute unmöglich, diejenige unter ihnen zu bezeichnen, die das
Vorbild für die anderen hat werden sollen. In dem Falle von
Stonehenge stehen wir vor dem bedeutendsten, wenn auch schon
der frühen Metallzeit angehörenden Rauwerk des europäischen
Megalithikums; das Besondere dieser Anlage überragt ganz erheb-
lich diejenigen Leistungen, welche über dem Durchschnitt dieser

1 S. hierüber das 2. Kapitel dieser Arbeit.
2 P. Paulsen, Der Goldschatz von Hiddensee (Führer zur Urgeschichte,
Band 13), 1936, 22f. u. 74; Germanien 12, 1940, 62 (Ders.).
3 Über sie zuletzt Germanien 12, 1940, 4ff. (O. Stelzer).
4 Stonehenge und Woodhenge: 21. Bericht der Römisch-germanischen
Kommission 1931 (1933), 60—70 (T. D. Kendrick).
6 Sitzungsberichte d. Heidelb. Akad., phil.-hist. Kl. 1940/41. 2. Abh.
 
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