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Nikolaus [Hrsg.]; Baur, Ludwig [Hrsg.]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 4. Abhandlung): Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate und Randbemerkunge des Cusanus — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42023#0035
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1. Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate

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Rückkehr aus Konstantinopel, also kurz nach seiner sogen. Offen-
barung anzusetzen. Sie setzen allerdings bereits eine intensivere
Beschäftigung mit den darin angeführten DionYsius-Schriften vor-
aus. Dies verträgt sich aber durchaus mit seiner Angabe, er habe,
nachdem er den Gedanken von der Coincidenz conzipiert gehabt
habe, was auf der Rückreise von Constantinopel sich ereignete, also
i. J. 1438, „avido cursu“ sich auf das Studium der einschlägigen
Schriften geworfen, so daß also die Zitate dieser beiden Predigten
zusammen mit den in der Docta ignorantia verwendeten Zitaten
eine Bestätigung für seine Aussage bilden. Eine andere Frage, die
wir aber hier nicht weiter zu verfolgen haben, ist allerdings: wie es
psychologisch zu verstehen und zu erklären sei, daß er auf den
Gedanken kommen konnte, eine Art Inspiration oder Offenbarung
empfangen zu haben.
Damit ist der Charakter, der Sinn und die Tragweite der Dio-
n ysius-Zitate bei Cusanus, soweit sie vor die Zeit seiner sog. Offen-
barung fallen, also vor dem Jahre 1438, klargestellt. Da es sich
hierbei zunächst um die in der Docta ignorantia vorgetragenen
Lehren handelt, so schließt diese Bemerkung keineswegs aus, daß
der Cusaner außerdem später gewisse anderswo vorgetragene Ge-
danken, Bilder, Symbole, terminologische Eigentümlichkeiten von
Ps. Dionysius übernommen hat. Dies ist auch in der Tat der Fall:
W as Nicolaus über die mystische Theologie, über die symbolische,
affirmative und negative Theologie sagt, ist so gesättigt und durch-
tränkt mit Ps. Dionysischen Gedanken, daß für diese späteren
Schriften auch eine sachliche und keineswegs nebensächliche Beein-
flussung durch Ps. Dionysius als gesichert anzunehmen ist. Dies
ergibt sich klar aus dem Folgenden.
2. Die Gotteserkenntnis. — Die Wege der Gottes-
erkenntnis1.
Ps. Dionysius ist für den Cusaner von besonderer Bedeu-
tung um seiner Gotteslehre willen. Er ist ihm der Theologe —
besonders häufig nennt er ihn in De non aliud „theologus“ schlecht-
weg ·— und es liegt ihm daran, zu zeigen, daß er, indem er Ps.
1 J. Storz, Die spekulative Gotteslehre des Nicolaus Cusanus. Theol.
Q. S. 1873 S. 18. — J. Übinger, Die Gotteslehre des Nicolaus Cusanus,
Paderborn 1888. — J. Lenz, Die docta ignorantia oder die mystische Gottes-
erkenntnis des Nicolaus Cusanus in ihren philosophischen Grundlagen.
Würzburg 1923. — Hemmerle, Der Gottesbegriff bei Nicolaus v. ci es.
Katholik 85 (1905) I, 126 u. 202ff.
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