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Nikolaus [Editor]; Baur, Ludwig [Editor]; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1940/41, 4. Abhandlung): Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate und Randbemerkunge des Cusanus — Heidelberg, 1941

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https://doi.org/10.11588/diglit.42023#0051
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1. Nicolaus Cusanus und Ps. Dionysius im Lichte der Zitate

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des Selbigen (der Identität) und des Non aliud vom Jahre 1462,
der die Einheit der Gegensätze abschließt. — Die dritte Definition
ist das „Possest“, der Begriff des wirklichen Könnens, der wie er
sagt, zu jeder beliebigen positiven Aussage über Gott führt (Possest
p. I, 177b). — Die vierte Definition ist das Posse1.
Gott ist die Coincidenz der Gegensätze (Coincidentia
contrariorum, oppositorum, contradictoriorum), das Größte und
das Kleinste zugleich und daher zugleich die absolute Unendlich-
keit. Denn nur im Unendlichen fallen die Gegensätze zusammen. —-
In De coniecturis [1440] I, 7—10 f. 43v bis 45v und II, 1 f. 51r wird
er auch bezeichnet als über der Ivoincidenz der Gegensätze stehend
(vgl. auch Dies sanctificatus [1439] ed. Hoffmann-Klibansky 16,
lOff.; und Apologia [1449] 15, 14 u. f.), mit der Begründung, daß
Gott nach Dionysius „oppositio oppositorum“ sei, oder, wie es
De non aliud c. 19 (184, 31 ff.) heißt: „Opposition enim ante oppo-
sita nihil opponitur“. Für diese Bezeichnungen wird in der Apo-
logia (not.a zu 15, 14ff.) von dem Herausgeber verwiesen auf DN
V, 7 und 10; IX, 1. Allein der Ausdruck selbst findet sich an diesen
Stellen nicht. Ich habe ihn auch an anderen Stellen nicht finden
können in dieser zugespitzten Formulierung.
Für den Begriff der Coincidenz sucht Nicolaus auch Diony-
sius in Anspruch zu nehmen, indem er Docta ignorantia [1440]
I, 16 sagt: „Dionysius in mystica sua theo ogia dicit beatissimum
Bartho omaeum mirifice intellexisse theologiam. . . maximsm pari-
ter et minimam“, was sich auf MTh I, 3 (PG 3, 1000b) bezieht. Im
übrigen ergibt er sich aus Ausdrücken bei Dionysius wie z. B. daß
Gott sowohl 6 αύτδς als auch έτερος sei (DN IX, 4 u. 5), daß er
das unsichtbare helle Licht sei (DN VII, 1 und viele ähnliche.
Die Voraussetzung für diese Begriffskonstruktion ist der Satz,
daß Gott alles das wirklich ist, was sein kann. Diese Einheit der
Gegensätze in Gott beleuchtet die Stelle in der Apologia [1449]
17, 13ff.: „Deus esse omnium est et tarnen nullum omnium. . . Deus
ita est ubique quod nullibi, cum nulli loco desit, qui in nullo loco
est. . . in omni loco illocaliter, magnus sine quantitate et omne
tempus intemporaliter et omne ens non enter.“ Wenck hatte den
Einwand erhoben: Es sei ein Widerspruch, zu sagen, Gott sei alles
und zugleich nichts von allem (Apologia 31, 23ff.; De ven. sap. c. 14
I, 206r). Cusanus entgegnet, daß diesen Satz ein Mann wie Diony-
1 Über diese Gottesbegriffe vgl. J. Übinger, Die Gotteslehre des Nico-
laus Cusanus. Paderborn 1888, S. 16ff.; 81 ff.; 84ff.; 102ff.; 121 ff.
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