Martin Dibelius;
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VIII.
Die christlichen Autoren von Paulus bis Klemens haben den
Ernst der politischen Situation des jungen Christentums nicht völlig
zum Ausdruck gebracht. Die grundsätzliche Bedeutung des Kon-
flikts war noch nicht zutage getreten. Die Christen waren verhaßt
oder mindestens unbeliebt; dieser Haß führte zu zahlreichen Schi-
kanen und diesen Haß konnte Domitian benutzen, wie ihn Nero
benutzt hatte. In Rom aber war auch dieser Konflikt noch kein
grundsätzlicher; er muß aus den besonderen Verhältnissen der
Domitian-Zeit erklärt werden* 1. Ein grundsätzlicher Konflikt ist
aber gleichzeitig in Kleinasien ausgebrochen, dort, wo in diesen
neunziger Jahren die Apokalypse des Johannes entstand. Der
apokalyptische Teil dieser Schrift, Kap. 4—22, 5 ist das eigentliche
Märtyrerbuch der Kirche geworden.
Aber nicht aus jedem Abschnitt des Buches ist eine Beziehung
auf die Gegenwart herauszulesen. Nach der Weise des apokalyp-
tischen Schrifttums wird eine Menge Traditionsgut mitgeteilt : Schil-
derungen himmlischer Vorgänge und Vorzeichen, in die gelegent-
lich einmal ein Hinweis auf die Lage der Kirche in der Gegenwart
hineingezeichnet ist, die aber als Ganzes weitergegebene Überliefe-
rung darstellen. Das Buch enthält zweitens Gesichte gegenwärtiger
und künftiger Ereignisse der Endgeschichte, zum Teil wohl wirk-
liche Visionen des Verfassers, die er literarisch ausgearbeitet und
in jenen traditionellen apokalyptischen Rahmen eingefügt hat. Sie
sollen den bedrängten Gemeinden den Blick öffnen für die nahe und
zum Teil schon angebrochene eschatologische Zukunft, in der ihre
Nöte sich zunächst noch steigern werden, um dann bei dem Kom-
men des Menschensohnes ein Ende zu nehmen und der Herrlich-
keit des Reiches Christi Raum zu geben. Das Buch enthält drittens
Mahnungen und Tröstungen für die Gegenwart, teils in Form von
einzelnen Sprüchen oder Liedern, teils als Einsätze in jenen zuerst
Götzenopfer zu essen, den Geboten der (stoischen) Vernunft entspräche! -
in eine ähnliche Richtung weist eine Lesart Jak. 5, 10. Dort ist die Rede
von den Leiden der Propheten, die Märtyrer geworden sind (vgl. meinen Kom-
mentar, S. 226), als υπόδειγμα . . . της κακοπαθ-ίας καί τής μ α κ ρ ο fl υ μ ί α ς — und
für κακοπαίΗας bietet der Sinaiticus καλοκάγαθ-ίας!
1 Die damals sich besonders breit machenden Denunzianten haben den
Abirrungen ,,zu jüdischen Bräuchen“ (siehe S. 39) schon darum besonders
nachgespürt, weil von Juden die Zahlungen an den fiscus Judaicus zu leisten
waren. Vgl. Roland Schütz, Die Offenbarung des Joh. und Kaiser Domitian,
1933, 25.
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VIII.
Die christlichen Autoren von Paulus bis Klemens haben den
Ernst der politischen Situation des jungen Christentums nicht völlig
zum Ausdruck gebracht. Die grundsätzliche Bedeutung des Kon-
flikts war noch nicht zutage getreten. Die Christen waren verhaßt
oder mindestens unbeliebt; dieser Haß führte zu zahlreichen Schi-
kanen und diesen Haß konnte Domitian benutzen, wie ihn Nero
benutzt hatte. In Rom aber war auch dieser Konflikt noch kein
grundsätzlicher; er muß aus den besonderen Verhältnissen der
Domitian-Zeit erklärt werden* 1. Ein grundsätzlicher Konflikt ist
aber gleichzeitig in Kleinasien ausgebrochen, dort, wo in diesen
neunziger Jahren die Apokalypse des Johannes entstand. Der
apokalyptische Teil dieser Schrift, Kap. 4—22, 5 ist das eigentliche
Märtyrerbuch der Kirche geworden.
Aber nicht aus jedem Abschnitt des Buches ist eine Beziehung
auf die Gegenwart herauszulesen. Nach der Weise des apokalyp-
tischen Schrifttums wird eine Menge Traditionsgut mitgeteilt : Schil-
derungen himmlischer Vorgänge und Vorzeichen, in die gelegent-
lich einmal ein Hinweis auf die Lage der Kirche in der Gegenwart
hineingezeichnet ist, die aber als Ganzes weitergegebene Überliefe-
rung darstellen. Das Buch enthält zweitens Gesichte gegenwärtiger
und künftiger Ereignisse der Endgeschichte, zum Teil wohl wirk-
liche Visionen des Verfassers, die er literarisch ausgearbeitet und
in jenen traditionellen apokalyptischen Rahmen eingefügt hat. Sie
sollen den bedrängten Gemeinden den Blick öffnen für die nahe und
zum Teil schon angebrochene eschatologische Zukunft, in der ihre
Nöte sich zunächst noch steigern werden, um dann bei dem Kom-
men des Menschensohnes ein Ende zu nehmen und der Herrlich-
keit des Reiches Christi Raum zu geben. Das Buch enthält drittens
Mahnungen und Tröstungen für die Gegenwart, teils in Form von
einzelnen Sprüchen oder Liedern, teils als Einsätze in jenen zuerst
Götzenopfer zu essen, den Geboten der (stoischen) Vernunft entspräche! -
in eine ähnliche Richtung weist eine Lesart Jak. 5, 10. Dort ist die Rede
von den Leiden der Propheten, die Märtyrer geworden sind (vgl. meinen Kom-
mentar, S. 226), als υπόδειγμα . . . της κακοπαθ-ίας καί τής μ α κ ρ ο fl υ μ ί α ς — und
für κακοπαίΗας bietet der Sinaiticus καλοκάγαθ-ίας!
1 Die damals sich besonders breit machenden Denunzianten haben den
Abirrungen ,,zu jüdischen Bräuchen“ (siehe S. 39) schon darum besonders
nachgespürt, weil von Juden die Zahlungen an den fiscus Judaicus zu leisten
waren. Vgl. Roland Schütz, Die Offenbarung des Joh. und Kaiser Domitian,
1933, 25.