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Dibelius, Martin; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 2. Abhandlung): Rom und die Christen im ersten Jahrhundert — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42027#0050
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Martin Dibelius:

stellt wurde, sie sollten dem Bilde des Kaisers Weihrauch und
Wein opfern. Und so blieb es in den folgenden Jahrzehnten.
Und trotzdem sind die Christen nicht zu Staatsfeinden gewor-
den! Der Apokalyptiker selbst liefert dafür einen denkwürdigen
Beweis. Sein Buch der Gesichte wird eingeleitet durch jene Briefe
an sieben kleinasiatische Gemeinden (Kap. 2 und 3), die Christus
selbst diktiert und die dementsprechend nicht an Menschen, son-
dern an die Engel der Gemeinden gerichtet sind; der Mensch,
der Verfasser der Apc., dient nur als Schreiber. Diese Briefe be-
handeln das Gemeindeleben der jeweiligen Adressaten, aber sie
richten sich mit ihren Mahnungen an alle Christen: „Wer Ohren
hat, höre, was der Geist der Gemeinden sagt!“
In diesen Briefen ist nun fast gar nicht von den Gefahren die
Rede, die im Buch der Gesichte eine solche Rolle spielen. Freilich
hat man die Anspielungen im Brief nach Pergamon „ich weiß wo
du wohnst: wo der Thron des Satans ist“ (2, 13) auf den Tempel
des Augustus und der Roma und somit auf den Kaiserkult deuten
wollen. Da es sich aber dabei um etwas handeln muß, was im Bilde
der Stadt auch äußerlich dominiert, wird man wohl an der alten
Deutung auf den hochgelegenen Zeusaltar festhalten dürfen — zu-
mal da ja auch sonst in diesen Briefen der Kaiserkult kaum aus-
drücklich erwähnt wird. Freilich weiß dieser Brief nach Pergamon
auch von einem Märtyrer, dem Antipas, und davon, daß die Ge-
meinde „in den Tagen des Antipas“ den Glauben nicht verleugnet
hat (2, 13); aber nach der Ausdrucksweise scheint dieser Zeugen-
tod der Vergangenheit anzugehören. Und der Gemeinde zu Smyrna
wird eine ähnliche Prüfung erst für die Zukunft angesagt. Das be-
rühmte Wort: „Sei getreu bis an den Tod“ gilt der Zeit, da „der
Teufel einige von euch ins Gefängnis werfen wird“ (2, 10). Auch
den Christen von Philadelphia wird 3, 10 eine Anfechtung ange-
kündigt, die über die ganze Erde kommen soll. Im Augenblick
aber scheint dem Verfasser die Sorge um andere Nöte der Ge-
meinden, um falsche Lehren, das Verhältnis zu den Juden, den
Rückgang des Gemeindelebens mehr zu beschäftigen als die Ver-
folgungsgefahr. Nur an einem Punkt merkt man den bewegten
Hintergrund des Ganzen: jede Gemeinde bekommt einen Spruch,
in dem etwas vom „Überwinder“ (νικών) ausgesagt wird. Und 2, 26
heißt es: „und der Überwinder und der bis zum Ende meine
Werke bewahrt . . .“. „Überwinder“ heißen aber auch in der
eigentlichen Apokalypse 15, 2 und 21, 7 diejenigen, die im Kampf
 
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