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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0038
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38 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung

nach ist sie eine Novelle, in der zwei Themen, Josef und seine
Brüder und Josef in Ägypten, kunstvoll, das eine das andere um-
rahmend, verbunden sind. Bis zur Erkennungsszene ist die Erzäh-
lung straff komponiert und in sich geschlossen; darnach löst sie
sich auf in ein lockeres Gefüge von Erzählungen, die vor allem die
Übersiedelung Jakobs und seiner Familie nach Ägypten, Jakobs
Tod und sein Begräbnis in Kanaan1 und endlich Josefs Tod be-
handeln; eingefügt sind als selbständige Stücke die Erzählung von
der Zinsbarmachung Ägyptens durch Josef Gen 47i3—26, von der
Segnung Efraims und Manasses Gen 48sb 9b-ioa i3-i4a i7-20a und der
Segen Jakobs Gen 49.
Mit dem Auszug aus Ägypten beginnt die Geschichte des
Volkes. Der Übergang wird literarisch hergestellt durch den Satz
Ex le 8: ,,Und Josef starb und alle seine Brüder und jenes ganze
Geschlecht; es stand aber ein neuer König auf über Ägypten, der
Josef nicht gekannt hatte“. Wir müssen uns damit abfinden, daß
aus Jakobs Familie im Laufe einer Generation ein großes Volk
geworden ist. Im übrigen dient zur Anknüpfung an die Vätersage
der Gedanke, daß es der Gott der Väter ist, der gekommen ist,
sein Volk aus dem Frondienst Ägyptens zu befreien Ex 37f. i6f. 4sl
53 7ie. Diese ideelle Beziehung führt vom Segen an Abraham über
die Befreiung aus Ägypten zur Besitznahme des Landes.
Auch die um die Gestalt Moses gruppierten Sagen fußen auf
verschiedenen Einzeltraditionen, wie schon der Wechsel des Schau-
platzes anschaulich macht. Der erste Teil, die Auszugsgeschichte,
ist ein künstlerisch vollendetes Ganzes2; die einzelnen, bald in
Ägypten bald in der Wüste spielenden Akte, sind durch gute Moti-
vierungen, oft durch geschickt erfundene Szenen wie die Erschla-
gung des Ägypters Ex 2n-i4 oder die Szene beim Wüstenbrunnen
Ex 215b—21 verknüpft. Der Leser bleibt in steter Spannung, von
der Weigerung des Pharao und der Verschärfung des Frondienstes
an bis zu den immer sich steigernden Plagen, durch die die Erlaub-
nis zum Auszuge erwirkt wird, und bis zum endlichen Untergang
des Pharao im Meere.

1 Zu Abel-Misraim im Ostjordanland Gen 50n J (nach E Gen 5010 in
Goren-ha’atad).
2 Selbst eine etwas locker eingefügte Einzelsage wie Ex 424 _26 hat viel-
leicht ihren Sinn im Zusammenhang dadurch, daß der am Pharaonenhofe auf-
gewachsene und deshalb noch als unbeschnitten gedachte Mose vor der Be-
gegnung mit Jahve die Weihe der Beschneidung empfangen soll.
 
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