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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0051
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Stoff und Gestaltung

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Ahnen der umwohnenden Stämme gelten. An diesen Gräbern
findet, neben den Riten der primitiven Totenpflege, wie sie von
den Geschlechtern seit alters geübt wird, ein von der größeren
Gemeinschaft offiziell vollzogener Kultus mit Gebet und Opfer
statt. Vielfach hat sich dabei die alte Vorstellung von der Tier-
gestalt dieser Lokalgötter, etwa als Wolf, Schlange oder als Misch-
wesen, erhalten1. Die Herabdrückung des Gottes zum Heros be-
greift sich, wenn entweder ein fremder Gott den älteren Lokalgott
an seiner Kultstätte beiseite schob, wobei dann beim Heiligtum
des neuen Gottes das Grab des Heroen bestehen bleiben konnte2,
oder wenn nicht der Kult des Gottes selbst, sondern nur die Kult-
sage zu anderen Orten und zu Stämmen, die den Gott nicht ver-
ehrten, wanderte, wo dann unter Umständen in der Sagenerzäh-
lung oder im Epos nur noch von einem rein menschlichen Helden
erzählt werden konnte. Der hier vermutete Weg vom Gott zum
Heros und zum menschlichen Helden ist, wie es scheint, für die
alte griechische Sagengeschichte in vielen Fällen erwiesen; der um-
gekehrte Weg, die Heroisierung geschichtlicher Personen und die
Einrichtung eines öffentlichen Kultes derselben ist bei den Grie-
chen frühestens seit dem 7., sicher erst seit dem 6. Jahrhundert
bezeugt3. Auch die Zeugnisse für solche Heroisierung auf semiti-
schem Boden gehören erst junger Zeit an und stammen sämtlich
aus späteren griechischen Quellen4.
Für die Vorgeschichte der hebräischen Sagengestalten darf man
gleichfalls vermuten, daß sie aus ursprünglichen Lokalgöttern hervor-

1 Darüber O. Gruppe, Griechische Mythologie und Religionsgeschichte,
1906, S. 792—808. Vgl. z. B. die Schlangengestalt des Trophonios, des Kadmos
u. a. (Gruppe S. 358, 808).
2 Wie das des Ereehtheus im Erechtheion oder das der Kallisto im Heilig-
tum der Artemis Kalliste; vgl. auch die interessante Stelle bei Pausanias
III 19 über das Grab des Hyakinthos zu Amyklai.
3 Vgl. F. Deneken, a.a.O., Sp. 2516ff.
4 Was Philo von Byblos (s. ob.) über die göttliche Verehrung des Samem-
rumos und Usoos schreibt, ist beeinflußt durch den Euhemerismus des Ver-
fassers, der jene Heroen als geschichtliche Personen der Vergangenheit be-
trachtet, und gehört also nicht hierher. Im übrigen vgl. die Nachrichten über
die Apotheose der nabatäischen Könige bei Clermont-Ganneau, Les noms
royaux nabateens employös comme noms divins (Revue Archeologique 11 Ie
serie t. V 1885, S. 170—178 = Revue d’Archeologie Orientale I 39—47);
dazu Uranios bei Steph. Byz. s. v. ’OßoSa = Müller FHGr IV 525 fr. 23, wo
es von Obodes II. (um 28—9 v. Chr.) heißt: ’OßoSr]? 6 ßaaiXei)?, öv O-eotoioöci,.

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