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Hölscher, Gustav; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 3. Abhandlung): Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung — Heidelberg, 1942

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https://doi.org/10.11588/diglit.42028#0052
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52 G. Hölscher: Die Anfänge der hebräischen Geschichtsschreibung
gegangen sind1. Auch sie erscheinen durchweg an bestimmte Heilig-
tümer gebunden, wo ein heiliger Bezirk2, ein heiliger Quell oder
Brunnen3, ein heiliger Baum4, ein heiliger Malstein5 oder Altar6
vorhanden war. Daß es sich dabei um vorisraelitische Heiligtümer
handelt, ist mehrfach direkt bezeugt7. Gelegentlich ist der alte
Name des Kultwesens bewahrt, vorzugsweise ein Tiername8; in
1 Wenn H. Gressmann (ZAW XXX 1910, S. lff.) und H. Gunkel
(Preuß. Jahrb. Bd. 176, 1919, S. 341 ff.) mit Berufung auf W. Wundts Völker-
psychologie die entgegengesetzte Auffassung vertreten, so scheinen sie mir
Wundt mißzuverstehen. Wundts Darlegungen zeigen allerdings, daß die
ältesten Erzählungen der Menschheit, wie bei allen Primitiven, „Märchen“
sind, aus denen sich durch Verbindung mit tatsächlichen Wirklichkeiten und
geschichtlichen Erinnerungen „Sagen“ entwickelt und deren Motive dann zur
Ausgestaltung von „Göttermythen“ geführt haben. Aber wyas Wundt von der
Ursprünglichkeit des Märchens sagt, bezieht sich auf eine vermutete prä-
historische Entwicklung, wie er sie für den Übergang vom „totemistischen“
zum geschichtlichen Zeitalter konstruiert. Mit der Priorität von Gott, Heros
oder Sagenheld hat das nichts zu tun.
2 So „das Feld“ beim Josefsgrab zu Sichern, welches Jakob von den
Söhnen Chamors kauft Gen 3319 Jos 2432 E. Ebenso „das Feld Abrams“
auf der Liste Schoschenks I. (Breasted, AJSL XXI 22ff.; Spiegelberg,
Ägyptische Randglossen 14; Ed. Meyer, Israeliten 266); die aus gewaltigen
Quadern erbaute Mauer dieses Temenos ist noch heute in Ruinen erhalten in
rämet el-chalil nördlich von Hebron.
3 In Be’erscheba' Gen 2625 32f.; in Lachai-ro’i Gen 16714, in Mamre Sozom.
hist. eccl. II 4. Vgl. die auf Simson zurückgeführte Quelle von Lechi: ‘En-
Kore = „Rebhuhnquelle“ Jud 1519.
4 Die Terebinthe von Mamre Gen 1318 184, die ’QyM7) Sp'M (Joseph.,
ant. iud. 1 186; bell. iud. IV 533), deren lange Geschichte bis zu ihrer Fäl-
lung durch Kaiser Constantius bekannt ist. Ferner die Tamariske von Be’er-
scheba“ Gen 2133 E, der Klagebaum am Grabe der Debora Gen 358 E; vgl.
auch den vielleicht zum Josefsgrab bei Sichern gehörigen Baum Jos 2426
E und den Baum des Wahrsagers Gen 126 Dt 1130 (Jud 937).
5 Am Rachelsgrabe Gen 3520 E, am Deboragrabe Gen 35s 14 E, am Josefs-
grabe Jos 2432 E und Gen 3320 E (lies „massebä“), wo der Stein den Namen
„El, der Gott Israels“ trägt.
6 Zu Sichern, Betel und Mamre Gen 127 8 1318.
7 So von Sichern Jud 9. Daher kauft Jakob das „Feld“ von den Söhnen
Chamors Gen 3319 Jos 2432 E; ebenso Abraham die Höhle Makpela von den
Chittitern Gen 23 Ps.
8 Rachel das „Schaf“, Lea vielleicht die „Kuh“, Debora die „Biene“.
Zu Rebbeka s. ob. Das Numen des Ilagarbrunnens heißt El-ro'i; ro’i viel-
leicht „Antilope“, vgl. Wellhausen (Prol.6 S. 323f.), wTelcher Onugnathos
und die Kamelkinnlade Jäküt IV 353, 9ff. vergleicht. Josua, der Heros von
Timnat-Cheres, hat zum Vater den Nun „Fisch“. Im Tempel zu Jerusalem
befand sich bis zur Zeit des Königs Hiskia das Broncebild einer geflügelten
 
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