Metadaten

Engisch, Karl; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Editor]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1941/42, 5. Abhandlung): Logische Studien zur Gesetzesanwendung: vorgelegt am 14.11.1942 — Heidelberg, 1943

DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.42030#0068
License: Free access  - all rights reserved
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
68

Karl Engisch:

Zeichenkomplexen einerseits und Bedeutung und Sinn andererseits
bestehen, wird man dann noch unterscheiden müssen „Ausdrucks-
beziehungen“ als Beziehungen zwischen physischen Ausdrucksbe-
wegungen (Mienenspiel, Ausdruck der Augen, Gestikulationen, Ton
der Stimme usw.) und seelischen Vorgängen (Erregung, Verlegen-
heit, Ratlosigkeit usw.). Auch diese Ausdrucksbeziehungen sind
für den Indizienbeweis —- namentlich in Gestalt des Beweises aus
„Hilfstatsachen“ — bedeutsam. Und auch sie sind nicht mit Si-
cherheit als Kausalbeziehungen anzusehen; man braucht ja nur zu
bedenken, daß hier das psycho-physische Problem mit seinen ver-
schiedenen Lösungen hereinspielt1. So sind es also Beziehungen und
Gesetze verschiedener Art, die den Indizienschlüssen zugrunde lie-
gen können: apriorische, kausale, Zeichen- und Ausdrucksbezieh-
ungen und die ihnen entsprechenden Gesetze. Doch dürften die
Kausalbeziehungen die wichtigsten sein oder wenigstens die Auf-
merksamkeit des den juristischen Indizienbeweis Klärenden beson-
ders auf sich ziehen. Besteht um deswillen noch nicht das Bedürf-
nis, an dieser Stelle der Kausalrelation als solcher eine Betrachtung
zu widmen, so werden wir uns doch veranlaßt sehen, das praktische
Hantieren mit der Kausalbeziehung beim Indizienbeweis logisch ein
wenig zu beleuchten. Dies geschieht jedoch am besten im Zusammen-
hang mit einer spezielleren Betrachtung der Hauptgestalten des In-
dizienbeweises. Wir unterscheiden hierbei einen Indizienbeweis im
weiteren und im engeren oder eigentlichen Sinne.
Was den Indizienbeweis im weiteren Sinne betrifft, so ist näm-
lich, nachdem die oben besprochene Möglichkeit, daß der Urteiler
selbst die erheblichen Tatsachen wahrgenommen hat, nicht mehr
in Betracht kommt, der nächst günstige und nächst einfache Fall
der Beweiserhebung der, daß der relevante Sachverhalt Ge-
genstand der Wahrnehmung anderer Personen als des Ur-
1 Die Unterscheidung von „Zeichenbeziehung“ und „Ausdrucksbezie-
hung“ im Text lehnt sich an an Carnap, Der logische Aufbau der Welt, S. 24ff.
(Zur Deutung der Ausdrucksbeziehung als Kausalbeziehung daselbst S. 28
oben). Siehe im übrigen zu Zeichen und Ausdruck: Sigwart, Logik II, 4.Auf].
1911, S. 626ff. (Zeichen- und Ausdrucksbeziehung werden hier nicht weiter
unterschieden und beide als Kausalbeziehungen aufgefaßt); Husserl, Logi-
sche Untersuchungen II, 1, S. 23ff. (mit anderer Terminologie als der Text);
Maier, Psychologie des emotionalen Denkens, 1908, S. 335ff.; Cassirer,
a.a.O., S. 375ff., sowie die Schriften von Dilthey, wozu Bollnow, Dilthey,
1936, S. 145ff. Vgl. auch gerade mit Bezug auf den Indizienbeweis Honecker,
Logik, S. 181.
 
Annotationen
© Heidelberger Akademie der Wissenschaften