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Kolbe, Walther; Heidelberger Akademie der Wissenschaften / Philosophisch-Historische Klasse [Hrsg.]
Sitzungsberichte der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Philosophisch-Historische Klasse (1942/43, 1. Abhandlung): Die ätolischen Soterien und die attische Archontenforschung — Heidelberg, 1943

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https://doi.org/10.11588/diglit.42031#0049
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Die ätolischen Soterien und die attische Archontenforschung 41

sind die der amphiktionischen Spiele zweifellos die älteren. Für
ihn aber steht ohne weiteres fest, daß sie schlechthin die ersten in
Delphi abgehaltenen Soterien waren. Da er die Inschriften damals
den Jahren 266/257 zuweisen zu können glaubte (=— 1934 in den
„Aitoliens“ sind daraus die Daten 256/253 geworden—), ergab sich
ihm die Folgerung, daß das erste Fest der ätolischen Spielart „nach
257“ gehalten sein müsse. Ganz unverkennbar steht hinter seinen
Überlegungen die Hypothese von der Umwandlung der einjährigen
amphiktionischen Feste in das Vierjahresfest der Ätoler. Damit ist
gesagt, daß es mir trotz des ehrlichen Bemühens, seinem Standpunkt
gerecht zu werden, nicht möglich ist, seinen Darlegungen Über-
zeugungskraft zuzubilligen. Die oben durchgeführte Durcharbei-
tung der Texte macht es zur Gewißheit, daß die Gründung der Äto-
ler eine völlige Neuschöpfung darstellt. Ist aber die Hypothese
Roussels von der Umwandlung nicht zu halten1, so ist auch das
mit ihrer Hilfe gewonnene Minimaldatum ohne Verbindlichkeit.
Auf ganz anderem Boden erwuchsen Belochs Überlegungen
a. a. 0. 79. War Flaceliere ganz Delphiker bis zur Einseitigkeit,
so ist er ganz Attiker. Er gründete auf das Dekret IG. II2 683 — De
Sanctis folgend — die Behauptung, daß Opfer für das Wohl des
makedonischen Königs ein Zeichen der Untertänigkeit seien;
d. h. sie seien erst nach der Kapitulation Athens denkbar. Diese
Hypothese hatte vor ihm eine ausgesprochen unfreundliche Beurtei-
lung erfahren: Roussel sprach der Begründung jede Beweiskraft
ab, Kirchner ging in der Phil. Wochenschrift 1924 über sie zur
Tagesordnung über. Aber unter seinem Einfluß vollzog sich ein
Umschwung, so daß Ferguson im Am. J. Phil. 1934, 319 öffentliche
Opfer für den makedonischen König in den 70er Jahren einen Ana-
chronismus nannte. Andere epigraphische Zeugnisse kommen für
uns nicht in Betracht2. Aber wir gewinnen mehr als bloßen Ersatz
aus der literarischen Überlieferung. Phylarch berichtet nämlich bei
Athen. VI 254 f., daß die athenischen Kolonisten von Lemnos 281
nach ihrer Wiedervereinigung mit der Mutterstadt dem Wohltäter
Seleukos I. und seinem Sohn Antiochos Tempel errichteten. Wenn
De Sanctis' und Belochs Hypothese derWahrheit entspräche, müß-
1 Vgl. auch Belocii, Gr. Gesch. IV 22, 490.
2 Früher habe ich die Inschrift II2 678 aus Eubulos’ Jahr als Parallele
herangezogen. Seit aber durch den Fund Hesperia 4, 1935, 582ff; vgl. 7, 1938,
121 die Möglichkeit eines zweiten Archon Eubulos in den 50er Jahren gege-
ben ist, muß dieser Text außer Betracht bleiben.
 
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